13.09.2023

Menschenunwürdige Haftbedingungen , fahrlässige medizinische Beratung und Behandlung

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    Anonym
    Gast

    Aufenthalt u.a. in der Jva Bochum Krümmede ( insgesamt 2 Jahre,11 Monate) ; z.B. Undichtes Fenster über den Winter ; Fenster so hoch, dass ich nur den Himmel sehen konnte; Toilette ohne Abtrennung in der Zelle, Beamten kamen herein während ich auf der Toilette saß; mehrere Anträge geschrieben um an meine Habe zu gelangen, doch ich wurde nicht zur Kammer gebracht; Vergütung der Arbeit wurde als einziger Betrieb von Lohnstufe 2 auf Lohnstufe 1 heruntergesetzt obwohl Art der Arbeit gleich blieb.
    Zum Anfang meiner Haftzeit wurde ein Adänom auf meiner Nebenniere diagnostiziert. Mir wurde nicht erklärt um was es sich handelte, zu dieser Zeit gab es vertretende Ärzte, wobei die 1. Ärztin veranlassen wollte, dass eine Probe vom Adänom entnommen werden sollte. Dafür sollte ich in ein Krankenhaus transportiert werden. Nachdem wichen lang niemand auf mich zukam,ging ich erneut zur Sprechstunde, in der ein neuer Arzt war der die Anordnung der Ärztin verwarf. Danach passierte gar nichts mehr.

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  • #393336 Antworten

    Christian R.
    Moderator

    Bevor ich auf die Fragen eingehe, möchte ich darauf hinweisen, dass dies keine Rechtsberatung ist, sondern nur erste Anhaltspunkte bieten soll. Für eine verbindliche rechtliche Einschätzung sollte ein Anwalt konsultiert werden.

    Der Sachverhalt wirft verschiedene Fragen nach den Haftbedingungen in der JVA Bochum Krümmede auf. Die Haftbedingungen sind in Deutschland durch das Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung (Strafvollzugsgesetz – StVollzG) geregelt. Das StVollzG enthält unter anderem Vorschriften über die Unterbringung, die Ernährung, die Arbeit, die Besuche und den Schriftwechsel der Gefangenen. Das StVollzG gilt für alle Bundesländer, die keine eigenen Vollzugsgesetze erlassen haben. Nordrhein-Westfalen, wo sich die JVA Bochum Krümmede befindet, hat kein eigenes Vollzugsgesetz.

    Die einzelnen Fragen lassen sich wie folgt beantworten:

    – Undichtes Fenster über den Winter: Nach § 18 Abs. 1 StVollzG muss der Haftraum ausreichend beheizt und belüftet sein. Ein undichtes Fenster könnte gegen diese Vorschrift verstoßen, wenn dadurch die Raumtemperatur zu niedrig oder die Luftqualität zu schlecht ist. Der Gefangene kann sich in diesem Fall an die Anstaltsleitung wenden und eine Reparatur des Fensters verlangen. Wenn die Anstaltsleitung nicht reagiert, kann der Gefangene eine Beschwerde bei der Justizvollzugsanstalt oder dem zuständigen Gericht einlegen.

    – Fenster so hoch, dass ich nur den Himmel sehen konnte: Nach § 18 Abs. 2 StVollzG muss der Haftraum ausreichend Tageslicht erhalten. Ob ein Fenster so hoch ist, dass der Gefangene nur den Himmel sehen kann, ist eine Frage des Einzelfalls. Es kommt darauf an, ob das Fenster dem Gefangenen einen angemessenen Blick nach außen ermöglicht oder ob er dadurch von der Außenwelt abgeschnitten wird. Auch hier kann der Gefangene sich an die Anstaltsleitung oder das Gericht wenden, wenn er seine Rechte verletzt sieht.

    – Toilette ohne Abtrennung in der Zelle, Beamten kamen herein während ich auf der Toilette saß: Nach § 18 Abs. 3 StVollzG muss der Haftraum so eingerichtet sein, dass der Gefangene seine Notdurft ungestört verrichten kann. Eine Toilette ohne Abtrennung in der Zelle könnte gegen diese Vorschrift verstoßen, wenn dadurch die Intimsphäre des Gefangenen beeinträchtigt wird. Das Eindringen von Beamten in den Haftraum während der Gefangene auf der Toilette sitzt, könnte zudem gegen das Grundrecht auf Menschenwürde (Art. 1 GG) und das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) verstoßen. Der Gefangene kann sich dagegen wehren, indem er die Beamten auffordert, den Raum zu verlassen oder eine Abtrennung zu installieren. Wenn das nicht hilft, kann er eine Beschwerde bei der Anstaltsleitung oder dem Gericht einlegen.

    – Mehrere Anträge geschrieben um an meine Habe zu gelangen, doch ich wurde nicht zur Kammer gebracht: Nach § 19 Abs. 1 StVollzG hat der Gefangene Anspruch darauf, seine persönlichen Sachen in seinem Haftraum aufzubewahren, soweit sie für seinen Aufenthalt erforderlich sind und die Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt nicht gefährden. Wenn der Gefangene seine persönlichen Sachen nicht in seinem Haftraum hat, muss er sie bei der Anstaltsleitung beantragen. Die Anstaltsleitung muss dem Antrag entsprechen, wenn die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 StVollzG vorliegen. Wenn die Anstaltsleitung den Antrag ablehnt oder nicht bearbeitet, kann der Gefangene eine Beschwerde bei der Justizvollzugsanstalt oder dem Gericht einlegen.

    – Vergütung der Arbeit wurde als einziger Betrieb von Lohnstufe 2 auf Lohnstufe 1 heruntergesetzt obwohl Art der Arbeit gleich blieb: Nach § 41 Abs. 1 StVollzG ist der Gefangene verpflichtet, eine ihm zugewiesene Arbeit zu verrichten. Die Arbeit soll dem Gefangenen helfen, sich nach seiner Entlassung in das Erwerbsleben einzugliedern. Nach § 43 Abs. 1 StVollzG hat der Gefangene für seine Arbeit Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Die Höhe der Vergütung richtet sich nach einer Rechtsverordnung des Bundesjustizministeriums, die unter anderem Lohnstufen für verschiedene Arten von Arbeit festlegt. Wenn die Vergütung der Arbeit des Gefangenen ohne sachlichen Grund herabgesetzt wird, könnte dies gegen das Grundrecht auf Gleichbehandlung (Art. 3 GG) verstoßen. Der Gefangene kann sich dagegen wehren, indem er die Anstaltsleitung auffordert, die Vergütung wieder zu erhöhen oder eine Begründung für die Herabsetzung zu liefern. Wenn das nicht hilft, kann er eine Beschwerde bei der Justizvollzugsanstalt oder dem Gericht einlegen.

    – „Zum Anfang meiner Haftzeit wurde ein Adänom auf meiner Nebenniere diagnostiziert. Mir wurde nicht erklärt um was es sich handelte, zu dieser Zeit gab es vertretende Ärzte, wobei die 1. Ärztin veranlassen wollte, dass eine Probe vom Adänom entnommen werden sollte. Dafür sollte ich in ein Krankenhaus transportiert werden. Nachdem wichen lang niemand auf mich zukam,ging ich erneut zur Sprechstunde, in der ein neuer Arzt war der die Anordnung der Ärztin verwarf. Danach passierte gar nichts mehr“:

    Nach § 56 Abs. 1 StVollzG hat der Gefangene Anspruch auf die notwendige ärztliche Behandlung und Betreuung. Die ärztliche Behandlung und Betreuung muss den allgemein anerkannten Regeln der ärztlichen Kunst entsprechen und darf nicht von den Haftbedingungen abhängig gemacht werden. Der Gefangene hat das Recht, über seine Krankheit und die vorgesehene Behandlung aufgeklärt zu werden und seine Einwilligung zu geben oder zu verweigern. Wenn der Gefangene an einem Adänom auf seiner Nebenniere leidet und ihm keine angemessene Behandlung oder Aufklärung zuteil wird, könnte dies gegen das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) und das Grundrecht auf Menschenwürde (Art. 1 GG) verstoßen. Der Gefangene kann sich dagegen wehren, indem er die Anstaltsleitung auffordert, ihm eine angemessene Behandlung oder Aufklärung zu gewähren oder ihn in ein Krankenhaus zu verlegen. Wenn das nicht hilft, kann er eine Beschwerde bei der Justizvollzugsanstalt oder dem Gericht einlegen.

    Der Sachverhalt betrifft das Rechtsgebiet des Strafvollzugsrechts. Für eine telefonische Rechtsberatung zu diesem Thema können Sie hier einen Termin buchen: https://www.rechtsanwalt.com/telefonische-rechtsberatung.

    Für eine persönliche Rechtsberatung können Sie hier einen passenden Anwalt in Ihrer Nähe finden: https://www.rechtsanwalt.com/anwaltssuche/?rechtsgebiete=Strafrecht

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