## Der Sachverhalt
Der Fall lässt sich wie folgt zusammenfassen: Ein Mitarbeiter eines Einzelhandelsgeschäfts nimmt einen Artikel aus dem Regal, der entweder defekt ist oder das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten hat, um ihn abzuschreiben und zu entsorgen. Er legt ihn zunächst in einen Einkaufswagen im Lager und arbeitet weiter im Laden. In der Zwischenzeit kommt ein Kollege und fragt ihn, ob er den Artikel haben darf. Der Mitarbeiter gibt sein Einverständnis, ohne eine Gegenleistung zu verlangen oder zu erhalten. Er geht dabei nicht von einer Straftat aus, da er meint, dass es im Laden üblich sei, solche Artikel an Mitarbeiter zu verschenken. Später erfährt er vom Chef, dass dies nicht erlaubt sei, und bezahlt den Artikel nachträglich.
## Die rechtliche Bewertung
Die Frage ist nun, ob der Mitarbeiter sich strafbar gemacht hat oder nicht. Dabei kommen vor allem zwei Tatbestände in Betracht: Die Unterschlagung gemäß § 246 StGB und die Untreue gemäß § 266 StGB.
### Unterschlagung
Nach § 246 Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer eine fremde bewegliche Sache sich oder einem Dritten zueignet, die er durch Zufall oder mit Wissen des Berechtigten erlangt hat oder die ihm anvertraut war.
In unserem Fall könnte man annehmen, dass der Mitarbeiter die Sache (den Artikel) dem Kollegen zugeeignet hat, indem er ihm die Verfügungsgewalt überlassen hat. Die Sache war ihm auch anvertraut, da er sie als Mitarbeiter des Ladens in seiner Obhut hatte.
Allerdings könnte man auch argumentieren, dass es an einer Zueignung fehlt, da der Mitarbeiter keine Bereicherungsabsicht hatte und den Artikel nur verschenken wollte. Außerdem könnte man einwenden, dass die Sache nicht mehr fremd war, da sie bereits ausgesondert war und keinen Wert mehr hatte.
### Untreue
Nach § 266 Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, missbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt.
In unserem Fall könnte man annehmen, dass der Mitarbeiter die ihm durch das Arbeitsverhältnis eingeräumte Befugnis, über das Vermögen des Ladens zu verfügen, missbraucht hat, indem er den Artikel ohne Erlaubnis des Chefs an den Kollegen verschenkt hat. Dadurch könnte er dem Laden einen Nachteil zugefügt haben, wenn der Artikel noch verkäuflich oder verwertbar war.
Allerdings könnte man auch argumentieren, dass es an einem Missbrauch der Befugnis fehlt, da der Mitarbeiter nicht gegen die Interessen des Ladens gehandelt hat, sondern im guten Glauben war, dass es sich um eine erlaubte Praxis handelte. Außerdem könnte man einwenden, dass es an einem Nachteil fehlt, wenn der Artikel ohnehin wertlos war.
## Das Fazit
Wie man sieht, ist die rechtliche Beurteilung des Falls nicht eindeutig und hängt von verschiedenen Umständen ab. Es kommt vor allem darauf an, wie man die subjektive Seite des Mitarbeiters bewertet und wie man den Wert und die Eigentumsverhältnisse des Artikels bestimmt. Möglicherweise könnte der Mitarbeiter sich auf einen Verbotsirrtum gemäß § 17 StGB berufen, wenn er nicht wusste oder nicht wissen konnte, dass sein Verhalten strafbar war. In jedem Fall sollte er sich an einen Rechtsanwalt wenden, um seine Rechte zu verteidigen.
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