Bevor ich auf die Frage eingehe, möchte ich darauf hinweisen, dass dies keine Rechtsberatung ist, sondern nur erste Anhaltspunkte bieten soll. Für eine verbindliche und individuelle Einschätzung Ihres Falles empfehle ich Ihnen, eine telefonische Rechtsberatung zu buchen, die Sie auf rechtsanwalt.com hier finden können: https://www.rechtsanwalt.com/telefonische-rechtsberatung.
Die Frage betrifft das Erbrecht und das Wohnrecht. Das Erbrecht regelt, wer nach dem Tod einer Person dessen Vermögen erbt. Das Wohnrecht ist ein dingliches Recht, das dem Berechtigten erlaubt, eine Wohnung oder ein Haus zu nutzen. Um die Frage zu beantworten, müssen wir den Sachverhalt Schritt für Schritt analysieren.
1. Sie sind laut Nachlassgericht Alleinerbin Ihres verstorbenen Stiefvaters. Das bedeutet, dass Sie allein das gesamte Vermögen Ihres Stiefvaters erben, das zum Zeitpunkt seines Todes vorhanden war. Dazu gehören auch das Haus und das Geld auf dem Konto.
2. Ihrem Stiefvater wurde laut Notarvertrag ein Wohnrecht auf Lebenszeit eingeräumt. Das bedeutet, dass er bis zu seinem Tod in dem Haus wohnen durfte, ohne dafür Miete zu zahlen. Das Wohnrecht ist ein sogenanntes Nießbrauchsrecht, das im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt ist. Sie können das BGB hier nachlesen: https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/.
3. Ihr Stiefvater hat 2017 seine Ehefrau geheiratet. Die Ehefrau ist somit nicht Ihre leibliche Mutter, sondern Ihre Stiefmutter. Die Ehefrau ist nicht Erbin Ihres Stiefvaters, da Sie Alleinerbin sind. Allerdings hat sie als Ehefrau einen Anspruch auf den sogenannten Pflichtteil. Der Pflichtteil ist die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, den die Ehefrau erhalten hätte, wenn es kein Testament oder Erbvertrag gegeben hätte. Der Pflichtteil ist ein reiner Geldanspruch und kann nicht durch Sachwerte erfüllt werden.
4. Die Ehefrau beharrt auf ihrem Wohnrecht. Das Wohnrecht Ihres Stiefvaters ist jedoch mit seinem Tod erloschen, da es sich um ein persönliches Recht handelte, das nicht vererbbar ist. Die Ehefrau hat also kein Wohnrecht mehr in dem Haus und muss es verlassen, wenn Sie es verlangen.
5. Die Ehefrau möchte den Wert des Hauses haben, den der Sachverständige geschätzt hat. Das ist jedoch nicht möglich, da der Wert des Hauses nicht dem Pflichtteil entspricht. Der Pflichtteil berechnet sich nach dem Nettonachlasswert, also dem Vermögen abzüglich der Schulden und der Beerdigungskosten. Wenn das Haus nicht verkauft werden kann oder nur weit unter Wert verkauft werden kann, dann müssen Sie der Ehefrau nur den tatsächlichen Verkaufswert als Pflichtteil auszahlen.
6. Die Ehefrau hat Anspruch auf den Pflichtteil sowohl vom Haus als auch vom Geld auf dem Konto. Es spielt keine Rolle, ob sie ein Wohnrecht hatte oder nicht. Der Pflichtteil umfasst alle Vermögenswerte Ihres Stiefvaters.
7. Die Ehefrau verlangt Geld von Rechnungen, die noch vor Dezember 2022 waren, sowie von der Beerdigungskosten. Das ist teilweise berechtigt, teilweise nicht. Die Rechnungen, die noch vor Dezember 2022 waren, müssen aus dem Nachlass bezahlt werden, also aus dem Vermögen Ihres Stiefvaters. Die Beerdigungskosten müssen ebenfalls aus dem Nachlass bezahlt werden, allerdings haben Sie als Erbin einen Erstattungsanspruch gegenüber der Ehefrau, wenn diese die Kosten übernommen hat.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen einen ersten Überblick über die rechtliche Situation geben. Wie gesagt handelt es sich hierbei nicht um eine Rechtsberatung, sondern nur um eine allgemeine Information. Um Ihre Rechte durchzusetzen oder weitere Fragen zu klären, empfehle ich Ihnen dringend, einen Anwalt zu kontaktieren, der sich auf Erbrecht und Wohnrecht spezialisiert hat. Sie können auf rechtsanwalt.com nach passenden Anwälten suchen, indem Sie diesen Link verwenden: https://www.rechtsanwalt.com/anwaltssuche/?rechtsgebiete=Erbrecht. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und alles Gute.