Der Bundesgerichtshof hat in einer Leitsatzentscheidung mit Urteil vom 21.05.2008 (Az.: IV ZR 238/06) entschieden, dass sich die Frage, ob der Bezugsberechtigte einer Lebensversicherung, die der Erblasser zu seinen Gunsten abgeschlossen hat, nach Eintritt des Erbfalls die Versicherungsleistung im Verhältnis zu den Erben des Versicherungsnehmers behalten darf, allein nach dem Valutaverhältnis, d. h. dem Verhältnis zwischen Erblasser und Bezugsberechtigtem (z. B. eine Schenkung) beurteilt. Haben die Erben das Schenkungsangebot des Erblassers noch vor Auszahlung der Versicherungssumme widerrufen, hat der Bezugsberechtigte keinen Auszahlungsanspruch mehr.
Die Erklärung des Versicherungsnehmers gegenüber seinem Lebensversicherer, ein Dritter sei für die Todesfallleistung bezugsberechtigt, beinhaltet – bezogen auf das Valutaverhältnis – regelmäßig den konkludenten Auftrag, dem Bezugsberechtigten nach Eintritt des Versicherungsfalles das Zuwendungsangebot des Versicherungsnehmers zu überbringen. Ein insoweit mit Botendiensten beauftragter Versicherer erfüllt diesen Auftrag in der Regel durch Auszahlung der Versicherungssumme an den Begünstigten, weil darin konkludent das Schenkungsangebot des verstorbenen Versicherungsnehmers zum Ausdruck kommt. Dieses Angebot kann der Begünstigte durch Annahme des Geldes schlüssig annehmen. Erlangt der Dritte nach dem Tode des Versicherungsnehmers Kenntnis von seiner Bezugsberechtigung und fordert er deshalb vom Versicherer die Todesfallleistung, so wird ihm ein Schenkungsangebot des Versicherungsnehmers nicht schon dadurch übermittelt, dass der Versicherer Unterlagen zur Prüfung des Sachverhalts (hier die Übersendung des Versicherungsscheins und einer Sterbeurkunde) anfordert. Widerrufen die Erben vor der Annahme das Schenkungsangebot, hat der Bezugsberechtigte keinen Anspruch mehr.
Damit hängt es letztlich vom Zufall ab, ob dem Bezugsberechtigten das Schenkungsangebot des Erblassers (übermittelt durch den Versicherer als Boten) oder die Widerrufserklärung der Erben als erstes zugeht.
Sofern die Erben nicht rechtzeitig widerrufen, steht ihnen aber, wenn sie zugleich pflichtteilsberechtigt sind, gegebenenfalls ein Pflichtteilsergänzugsanspruch zu.
Zusammenfassend ist also immer dann Vorsicht geboten, wenn der Bezugsberechtigte einer Lebensversicherung auf den Todesfall und die Erben des Versicherungsnehmers auseinanderfallen. Für diese Fälle empfiehlt es sich, die Rechtsstellung des Bezugsberechtigten bereits zu Lebzeiten des Erblassers zu gestalten.
(Quelle: BGH v. 21.05.2008, Az.: IV ZR 238/06)
02.06.2010