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Fachbeitrag 27.10.2010

Persönlichkeitsrechtsrecht und Datenschutzrechte bei Google Street View


Bei Google Street View handelt es sich um einen so genannten Geo-Dienst des weltweit bekannten Unternehmens Google, bei dem einzelne Straßenzüge und ganze Städte aus einer Höhe von ca. 3 Metern abgefilmt werden und in hoher Auflösung von jedermann im Internet angesehen werden können. Zweifellos gibt es viele Interessierte an diesem Dienst. Beispielsweise kann der potentielle Urlaubsort virtuell inspiziert, Erinnerungen an andere Orte aufgefrischt oder einfach ein virtueller Spaziergang auf der Champs Elysees unternommen werden. Dennoch steht das Projekt vor allem bei Politikern, der staatlichen Verwaltung und Datenschützern in der Kritik. Auch viele Prominente äußern sich zunehmend kritisch.  Hintergrund der Kritik sind insbesondere Persönlichkeits- und Datenschutzverletzungen durch Google Street View. Diese könnten darin bestehen, dass neben Immobilien auch Personen, KFZ etc. abgefilmt worden sind. Zudem wird bemängelt, dass je nach Aufnahme in einzelne Wohnungen hinein gesehen werden könne und aufgrund der Aufnahmehöhe auch an sich verdeckte Bereiche und Zugänge zur Wohnung sichtbar seien. Dadurch wäre ein Ausspähen der Privatsphäre der Bürger möglich, was sich gegebenenfalls sogar Kriminelle zu Nutze machen könnten.

 

1. Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Abfilmen von Grundstücken

 

Grundsätzlich besteht kein Persönlichkeitsrecht an Grundstücken. Das Abfilmen eines Gebäudes kann daher per se nicht zu einer Persönlichkeitsrechtsverletzung des Eigentümers oder Mieters führen. Vergleichbar ist diese Situation mit derjenigen, dass ein Passant das Gebäude von außen betrachtet. Die theoretisch für jedermann sichtbaren Teile eines Grundstücks und Gebäudes liegen naturgemäß in der öffentlichen Sphäre und sind eben nicht Bestandteil der Privatsphäre.

 Anders verhält es sich jedoch, sofern der Innenraum der Wohnung von dem Abbild erfasst wird. Der Wohnungsinnenraum ist Teil der Privatsphäre, so dass ein Eigentümer oder Mieter Einblicke von Dritten nicht dulden muss. Vielmehr obliegt es ausschließlich dem Mieter oder Eigentümer eines Gebäudes oder einer Wohnung, Abbildungen von deren Innenraum zu gestatten.

Bei gewerblichen und typischerweise dem Zutritt durch die Öffentlichkeit zugänglichen Immobilien kann dagegen nicht von einem Eingriff in die Privatsphäre ausgegangen werden. Hier ist ein Einblick von außen gerade gewollt, so dass auch deren Abbildung nicht untersagt werden kann. An dieser Stelle sei aber darauf hingewiesen, dass vertrauliche Daten nicht durch ein Schaufenster sichtbar aufbewahrt werden dürfen. Hier würde sich ein zufälliges Abfilmen als besonders schwerwiegender Verstoß gegen Persönlichkeits- und Datenschutzrechte darstellen.

Die Privatsphäre schützt jedoch nicht alleine den Wohnungsinnenraum, sondern darüber hinaus auch äußere Teile des Grundstücks, die erkennbar der Einsichtnahme durch Dritte verschlossen bleiben sollen. Gedacht ist hier beispielsweise an eine Umzäunung, Hecken, Büsche oder Mauern, sofern diese Sichthindernisse gerade dem Zweck dienen, Dritten den Einblick auf das Grundstück zu verwehren. Da die Aufnahmen von Google aus einer Höhe von etwa 3 Metern erfolgt sind, reicht ein üblicher Sichtschutz in einigen Fällen nicht aus. Da aber erkennbar kein Einblick von außen in diesen Bereich genommen werden soll,  kann von einem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ausgegangen werden. Google hat daher diese Bereiche unkenntlich zu machen.

2.Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Abfilmen von weiteren Gegenständen

Typischerweise sind am Straßenrand parkende PKW von Google abgefilmt worden. Ähnlich wie bei Grundstücken genießen Gegenstände keinen Schutz der Persönlichkeit und sind zudem nicht Teil der Persönlichkeit des Eigentümers oder Besitzers. Eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte könnte allenfalls vorliegen, sofern der PKW, insbesondere dessen Nummernschild, mit weiteren Daten einer Person verknüpft werden kann, so dass für jedermann eine Zuordnung möglich ist.

3.Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Abfilmen von Personen

Das Recht am eigenen Bild, wonach Personen nur mit deren Einwilligung abgebildet und veröffentlicht werden dürfen, wird durch das Kunsturhebergesetz (KUG) geschützt. Entsprechend § 22 KUG obliegt es jedem selbst, wann und wie er sich auf Bildern veröffentlichen lassen will.

Eine Ausnahme sieht § 23 Absatz 1 Nr. 2 KUG vor. Danach ist eine Veröffentlichung des Abbildes einer Person auch ohne deren Einwilligung zulässig, sofern diese nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheint. Entscheidend für die Abwägung ist es, ob der Charakter des Bildes bei Herauslösen der Person verändert würde. Ist dies der Fall, so liegt ein unzulässiger Eingriff in das Recht am eigenen Bild vor.

Fraglich ist allerdings, wie dieses Kriterium im Rahmen von Google Street View zu prüfen und umzusetzen ist. Google Street View verfügt über eine Zoomfunktion, so dass jeder Nutzer beliebig auf eine Person oder Landschaft zoomen kann, wodurch sich regelmäßig der Charakter und die oben genannte Beurteilung ändert. Hier muss allerdings davon ausgegangen werden, dass bei jedem digitalen Bild einzelne Aspekte näher betrachtet werden können. Würde man hier allzu strenge Maßstäbe anlegen, so führte dies dazu, dass generell eine Person als Beiwerk zu einer Landschaft nicht denkbar wäre. Aus juristischer Perspektive ist daher die Frage interessanter, was bei Google Street View überhaupt als Landschaft beurteilt werden kann, da viele Bilder zu einem Panoramabild zusammengefasst werden. Ist unter Landschaft der jeweilige einzelne Bildausschnitt, der Straßenzug oder sogar die ganze Stadt zu verstehen? Rechtlich ist diese Frage bislang ungeklärt. Im Ergebnis dürften Persönlichkeitsverletzungen aufgrund des Abfilmens von Personen durch Google Street View in nahezu sämtlichen Fällen als Beiwerk gemäß § 23 KUG zulässig sein.

Im Einzelfall kann eine Abbildung von Personen entsprechend § 23 Absatz 2 KUG trotz der zuvor dargestellten Ausnahme unzulässig sein, sofern berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden.

4.Persönlichkeitsverletzungen durch Verstöße gegen datenschutzrechtliche Vorschriften

Umstritten ist, ob durch die Veröffentlichung von Gebäuden bei Google Street View gegen datenschutzrechtliche Vorschriften verstoßen wird, was wiederum eine Persönlichkeitsrechtsverletzung durch einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung bedeutete.

Anwendung findet das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Entsprechend § 4 Absatz 1 BDSG ist die Erhebung, Nutzung und Verarbeitung personenbezogener Daten nur zulässig, wenn das Gesetz diese erlaubt oder der Betroffene einwilligt. Voraussetzung ist aber zunächst, dass es sich bei den von Google Street View erhobenen und veröffentlichten Daten um personenbezogene Daten handelt.

Ein Personenbezug kann lediglich vorliegen, sofern sich die Daten auf eine bestimmte oder bestimmbare Person beziehen. Dies erscheint bereits zweifelhaft, da eine Identifizierung einer Person allein durch das Abbild eines Gebäudes schwerlich vorstellbar ist. Einzig könnte die Abbildung in Verbindung mit einer Geokoordinate zu einer Bestimmbarkeit einer Person führen. Da bei Google Street View Adressangaben jedoch lediglich geschätzt werden und nicht exakt sind bedürfte es bereist weiterer Anstrengung zur Personenidentifizierung. Anders verhält es sich möglicherweise, sofern die Hausnummer sichtbar ist, da sodann über ein Adressverzeichnis relativ leicht Rückschlüsse auf eine natürliche Person gegeben sind. Die Hausnummer selbst ist daher unkenntlich zu machen.

Obwohl bereits der angesprochene Personenbezug kritisch erscheint, so kann sich Google Street View zudem auf eine generelle Erlaubnis nach § 28 Absatz 1 Nr. 3 BDSG berufen. Hiernach ist eine Erhebung, Speicherung, Veränderung und Übermittlung von Daten zulässig, sofern die Daten aus allgemein zugänglichen Quellen gewonnen werden. Dies ist unzweifelhaft gegeben, da die Aufnahmen von Google ausschließlich an öffentlich zugänglichen Orten erfolgt sind. Folgend kommt es abschließend auf eine Abwägung der widerstreitenden Interessen, wobei eine Unzulässigkeit der von Google verwendeten Abbildungen lediglich dann anzunehmen ist, wenn das Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Verwendung der Abbildung dasjenige von Google an der Veröffentlichung offensichtlich überwiegt. Im allgemeinen wird dies kaum der Fall sein, da infolge der Abbildungen lediglich die Gebäudefassade erkennbar ist und nur in gewissem Maße Rückschlüsse aus der veröffentlichten Optik möglich sind. Gänzlich ausgeschlossen werden kann jedoch nicht, dass durch die Abbildung beispielsweise finanzielle, berufliche oder soziale Nachteile entstehen könnten, die zur einer Güterabwägung zugunsten Betroffener mit der Konsequenz führt, dass Google Street View die Gebäude unkenntlich machen muss.

Besonders kritisch erscheint es, wenn die Daten aus Google Street View mit anderen Onlinediensten verknüpft werden. Hier sind gravierende Verstöße gegen das Persönlichkeitsrecht durch diesen Onlinedienst oder dessen Nutzer denkbar. In diesem Zusammenhang sind soziale Netzwerke ebenso zu nennen wie eine Vielzahl von geschmacklosen Internetseiten, die lediglich den Zweck verfolgen, Mitbürger an den Pranger zu stellen.

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Rechtsanwalt
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