Fachbeitrag 11.04.2011

Mediation all’ Italiana


Am 21.Maerz 2011 wurde für einige Materien stipuliert, dass  – bevor ein Gerichtsprozess angestrengt wird – ein obligatorischer Einigungsversuch vor eigens hierzu eingeführten „Kammern“ bzw. „Schlichtungsstellen“ angestrengt werden muss (Dlgs 28/2010). Das betrifft die in Art. 5 Abs. 1 aufgezaehlten  Rechtsgebiete:  dingliche  Rechte, Auseinandersetzung, Erbschaftssachen, Familienverträge, Miete, Leihe, Unternehmensmiete, Schadenersatz aus dem Medizinrecht oder Medienrecht, Versicherungsverträge, Bankvertrage, Finanzierunggsvertrage.

Es reicht, wenn ein diesbezüglicher Antrag an eine der Schlichtungsstellen die der Antragsteller frei auswaehlen kann,  gestellt wird; die Vertretung durch einen Anwalt ist nicht erforderlich. Es wird  sodann von dieser ein „Mediator“ zu bestellen und werden auch die von den Parteien zu erlegenden Kosten, berechnet nach der Hoehe des Streitwerts festgesetzt, die für obligatorische Mediation um ein Drittel reduziert werden. (In Dm 180/2010 werden diese fuer oeffentliche Einrichtungen definiert: von einem Minimum  iHv. € 65 – (Streitwert bis € 1.000,– bis zum Maximum von € 9.200,– bei einem Streitwert von € 5 Mill, Privatparteien koennen diese frei festsetzen, dies wird jedoch als Orientierung gehandhabt – mit div. Reduktionen bei obligatorischer Mediation) Innerhalb von  15 Tagen wird  der erste Termin anberaumt (der auch der Letzte sein kann). Erscheint der Gegner nicht, beendet das sofort das Schlichtungsverfahren mit dem Vermerk, dass kein Schlichtungsversuch zu Stande gekommen ist. Dem Antragsteller steht es nunmehr frei den Rechtsweg zu beschreiten  – in diesem Fall  zahlt der Nichterschienene Nichts. Erscheint der Gegner wird in dieser und den nachfolgenden Sitzungen versucht gemeinsam oder auch der Mediator allein mit einer der Parteien eine Lösung zu finden. 

Die Parteien können auch den Mediator ersuchen einen Lösungsvorschlag zu präsentieren: dies hat aber bei scheitern der Mediation im nachstehenden Prozess u.U,. negative Folgen: Kommt das Gericht ungefähr zum selben Ergebnis wie der Mediator hat derjenige, der den Vorschlag nicht angenommen hat, die Kosten zu zahlen.

Die letzte obligatorische Mediation wird für Probleme im Wohnungseigentumsbereich und Verkehrsunfalle mit Autos oder auf dem Meer am 20.Maerz 2010 eingeführt, so geplant.

Bis zum Tag des Inkraftretens dieses Gesetzes  wurden ca 180 Mediatorenkammern eingerichtet aber regional unterschiedlich: so beispielsweise  4 in Katanien und noch  keine in Sardinien; Rom 26, Bologna 1.  Das stellt natuerlich das Funktionieren des Gesetzes – was sicherlich auch im Hinblick auf die lange Dauer der Gerichtsverfahren eingerichtet wurde *  –  in Frage.  Dies ist auch auf Streiks diverser Anwaltskammern, die den abgeschafften Anwaltszwang in diesen Verfahren als mangelnde Rechtsberatung aber vor allem auch unausgesprochen Einkommensverlust sehen zurueckzufuehren – all das auch im Hinblick auf die immer mehr steigende Anwaltszahl im Hinblick auf die Bevoelkerung in Italien.

Es gilt abzuwarten, wie das Gesetz in der Praxis vollzogen wird.

Am 24.Oktober 2012 hat das Verfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit der Rechtsverordnung DLGS 28/2010 entschieden  soweit diese die  obligatorische Mediation vor  Prozesseinleitung  in ausdrücklich in dieser VO angeführten  Materien  vorsah.

Dr. WALTER Ulrike, RA;

zugelassen in Österreich und Italien

Partner von del Torre-Franco-Sgrazzutti, Studio legale Associato

Gorizia/Udine(Wien)

*So stehe ich z.B. vor dem Problem einem Klienten erklären zu müssen warum eine vergangene Woche stattgefundene Verhandlung (1.4.2011)  in Prato auf Jaenner des Jahres  2014 (!) verlegt wurde; für die Ausschreibung der ersten Berufungsverhandlungen erfahrunsgemaess in den Gerichtsbezirken Bologna und Venedig 4 – 5 Jahre gewartet werden muss – dies ist umso gravierender, als die aufschiebende Wirkung der Berufung erst beantragt werden muss und oft nicht bewilligt wird.

 

Quellen: u.a. Norme e tributi – Il sole 24 ore  vom 21.3.2011 und Italia Oggi Anno 20 Nr. 67 vom 21.3.2011

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