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Rechtsschutzversicherung
Fachbeitrag 27.06.2012

DIE HAFTUNG DER GESCHÄFTSFÜHRER IN DER „NEUEN“ ITALIENISCHEN GMBH


Mit Inkrafttreten der Reform des neuen Gesellschaftsrechtes zum 1. Januar 2004 wurde mit der Änderung und Einführung wesentlicher gesetzlicher Vorschriften ein neues Kapitel über die Haftung der Geschäftsführer geschrieben.

Die Haftung der Geschäftsführer einer GmbH wird erstmals wesentlich anders geregelt als jene der Geschäftsführer einer AG. Außerdem besteht (fast) kein Verweis mehr auf die Vorschriften der AG und die Haftungsklage gegen die Geschäftsführer bedarf keines Gesellschafterbeschlusses.

 

Die nach italienischem Recht geregelte Gesellschaft mit beschränkter Haftung („società a responsabilità limitata“, in Kurzform, S.r.l.) ist eine Gesellschaftsform, die in Italien (also auch in Südtirol) zusammen mit der OHG und der KG sehr verbreitet ist. Diese Gesellschaftsform ist besonders beliebt, weil das Haftungsrisiko beschränkt ist: die Gesellschaft haftet nur mit ihrem Vermögen und eine persönliche Haftung des Geschäftsführers ist ausgeschlossen. Diese Aussage ist aber nicht uneingeschränkt richtig, da das Haftungsrisiko eines Geschäftsführers einer italienischen GmbH in einigen Fällen sehr wohl gegeben ist.

Laut Art. 2476, Absatz 1, des Zivilgesetzbuches („Codice Civile“, in Kurzform C.C. genannt) haften die Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft gesamtschuldnerisch für all jene Schäden, die der Gesellschaft durch Verletzung der vom Gesetz und vom Gründungsvertrag hinsichtlich der Geschäftsführung vorgeschriebenen Pflichten entstanden sind. Das bedeutet, dass der Gläubiger bzw. die Person, die aufgrund des gesetzeswidrigen Verhaltens des Geschäftsführers einen Schaden erlitten hat, diesem gegenüber einen Schadensersatz geltend machen kann, wobei dieser Geschäftsführer dann Anspruch auf Regress gegenüber den anderen Geschäftsführern hat.

Voraussetzungen, damit die Haftung der Geschäftsführer greift, sind somit:

a) die Verletzung einer Pflicht oder Obliegenheit (gegenüber der Gesellschaft);

b) ein materieller Schaden;

c) ein Kausalzusammenhang zwischen (unlauterem) Verhalten des Geschäftsführers und effektiven entstandenem Schaden.

Die gesamtschuldnerische Haftung findet wohl gemerkt auch auf all jene Geschäftsführer Anwendung, die nicht an der Entscheidung beteiligt waren. Ich beziehe mich in diesem Zusammenhang hauptsächlich auf die Geschäftsführungsform der „Einzelgeschäftsführung“.

Wenn wir nun zum Thema Haftung kurz einen Blick auf die AG werfen wollen, so sieht Art. 2392, Absatz 1 C.C. vor, dass die Pflichten der Geschäftsführer mit der Sorgfalt, welche von der Natur des Mandates und von ihren spezifischen Kompetenzen erforderlich ist, erfüllt werden müssen. Obwohl diese „Sorgfalt“ im Art. 2476 C.C. nicht enthalten ist, glaube ich, dass wir davon ausgehen können, dass diese Art von „besonderer“ Sorgfalt auch bei den Geschäftsführern einer GmbH Anwendung findet. Eine Hilfe und ein Anhaltspunkt sind der Verweis auf das generelle Prinzip der „professionellen Sorgfalt“, wie in Art. 1176, Absatz 2 C.C. festgehalten. Bei der deutschen GmbH haben die Geschäftsführer in den Angelegenheiten der Gesellschaft hingegen die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden (GmbH-Gesetz in § 43 Abs 1).

Zu den Pflichten des Geschäftsführers einer GmbH zählt auch eine sog. Informationspflicht (die meines Erachtens aus Art. 2381 C.C., letzter Absatz, abgeleitet werden kann) und eine Überwachungspflicht (wenn in der Satzung festgehalten). Es kommt sehr oft vor, dass bei mehreren Geschäftsführern eine Aufgabenverteilung stattfindet. Nach wie vor bleibt jeder Geschäftsführer insgesamt verantwortlich; für die einem anderen Geschäftsführer zugeordneten Arbeitsbereiche trifft ihn eine Überwachungspflicht. Hier empfiehlt es sich, die Geschäftsverteilung genau schriftlich niederzulegen. Soll der Geschäftsführer nun wegen gesetzwidrigem Verhaltens gegenüber der Gesellschaft in Anspruch genommen werden, setzt dies nicht mehr einen Beschluss der Gesellschafterversammlung voraus (das Recht, eine Haftungsklage seitens der Gesellschaft einzuleiten, bleibt immer aufrecht, auch wenn dies in unserem Zivilgesetzbucht nicht festgehalten ist). Laut Art. 2476, Absatz 3 C.C. kann jeder einzelne Gesellschafter eine Haftungsklage gegen den Geschäftsführer einleiten, wobei festzuhalten ist, dass bei groben und schweren Unregelmäßigkeiten in der Geschäftsführung der (einzelne) Gesellschafter als Vorsichtsmaßnahme den Widerruf („provvedimento cautelare di revoca“) des Auftrages an den Geschäftsführer beantragen kann.

Vorraussetzung für eine solche Vorsichtsmaßnahme ist sicherlich das Bestehen zweier wichtiger Elemente, nämlich

a) des „fumus boni juris“ und

b) des „periculum in mora“, wie es in der Rechtssprache heißt.

Die erste Vorraussetzung ist sicherlich bei schweren Unregelmäßigkeiten in der Geschäftsführung mit daraus folgendem Schaden am Gesellschaftsvermögen gegeben, während die zweite jedes Mal dort auftritt, wo aufgrund des gesetzwidrigen Verhaltens des Geschäftsführers rasches Handeln erforderlich ist, weil die Gefahr besteht, dass andernfalls ein schwerer und nicht wieder gut zu machender Schaden entsteht.

Ein weiterer großer Unterschied zur AG besteht darin, dass bei der neuen GmbH die gerichtliche Kontrolle (“denuncia al Tribunale“) gemäß Art. 2409 C.C. wegfällt. Der Gesetzgeber hat dafür dem einzelnen Gesellschafter der GmbH beachtliche Kontrollbefugnisse erteilt. Aber dies kann meiner Meinung nach nicht mit der in Art. 2409 C.C. (s.g. Anzeige beim Landesgerich) vorgesehenen Kontrolle verglichen werden, da die Anzeige beim Landesgericht im Falle auch nur eines potentiellen Schadens vorgenommen werden kann, während eine Haftungsklage ex Art. 2476 C.C. das Bestehen eines effektiven Schadens am Gesellschaftsvermögen voraussetzt.

Wenn ich über Kontrollbefugnisse spreche, beziehe ich mich klarerweise auf das Recht, von den Geschäftsführern Informationen hinsichtlich des Verlaufes der Geschäftsführung oder Einsicht in die Gesellschaftsbücher und in die Unterlagen zu erhalten. Diese im Art. 2476 Absatz 2 C.C. festgehaltene Vorschrift ist schon seit 1. Januar 2004 voll wirksam und meines Erachtens sehr gefährlich, da ein Gesellschafter (mit einer Beteiligung z.B. in Höhe von nur 1%) auch nur aus Trotz den anderen Gesellschaftern gegenüber über Freiberufler seines Vertrauens sämtliche Gesellschaftsunterlagen (Gesellschaftsbücher, Dokumente hinsichtlich der Geschäftsführung, Rechnungen, Lieferscheine, Aufträge, usw.) verlangen kann – mit allen sich daraus ergebenden (negativen) Folgen für die Gesellschaft (die Gesellschaft könnte u.U. lahm gelegt werden und somit einen großen Schaden erleiden).

Mit der Erteilung beachtlicher Kontrollbefugnisse an die Gesellschafter wollte der Gesetzgeber die Kontrolltätigkeit in der GmbH irgendwie „personalisieren“, ohne aber zu berücksichtigen, dass so Dritte vor einer etwaigen mala gestio der Geschäftsführer in einer GmbH ohne Prüfungsausschuss („collegio sindacale“) nicht geschützt wären. Quid iuris, wenn die Gesellschafter in diesem konkreten Fall nicht eingreifen und folglich keine Haftungsklage gegen die Geschäftsführer erheben wollen? Der Dritte wäre dann wie erwähnt vor einer mala gestio der Geschäftsführer nicht geschützt, da außer der Haftungsklage, welche nur den Gesellschaftern vorbehalten ist, er (in Abwesenheit eines „collegio sindacale“) keine Maßnahmen ergreifen könnte, den Geschäftsführer in Anspruch zu nehmen. Ein Stützbein sei der Verweis auf Art. 2043 C.C., wonach der Dritte auf jeden Fall berechtigt ist, auf Schadenersatz zu klagen, falls er vom gesetzwidrigen Handeln des Geschäftsführers vorsätzlich oder fahrlässig direkt geschädigt wurde.

Außerdem ist laut neuer Vorschrift weder die Bestellung eines Inspektors seitens des Gerichtes noch die Ersetzung des Geschäftsführers durch einen Gerichtsgeschäftsführer („amministratore giudiziario“) vorgesehen. Im Fall eines (vom Gericht beschlossenen) Widerrufes seitens des/der Geschäftsführers werden die neuen Geschäftsführer von den Gesellschaftern bestellt, nicht vom Gericht.

Eine wesentliche Neuheit, welche mit der Reform des Gesellschaftsrechtes eingeführt wurde, ist die Möglichkeit für die Gesellschaft, auf die bereits eingeleitete Haftungsklage zu verzichten oder einen Vergleich abzuschließen. Falls in der Satzung nicht anders vereinbart ist (mit anderen Worten: der Verzicht und Vergleich kann folglich seitens der Gesellschafter auch ausgeschlossen werden), kann die Gesellschaft auf die Haftungsklage gegen die Geschäftsführer verzichten oder sich diesbezüglich vergleichen, sofern eine 2/3 Gesellschaftermehrheit dem zustimmt und die Gesellschafter, deren Geschäftsanteile zusammen mindestens 1/10 des Stammkapitals erreichen, keinen Widerspruch erheben. Wenn wir nun diese Vorschrift mit jener der neuen AG (Art. 2393, letzter Absatz C.C.) vergleichen, stellen wir fest, dass es bei der GmbH um einiges schwieriger ist, das Streitverfahren zu vergleichen oder auf die Haftungsklage zu verzichten. Der Vergleich oder der Verzicht kann in einer AG einfach durch einen ausdrücklichen Beschluss der Gesellschafterversammlung genehmigt werden, sofern nicht eine Minderheit von Gesellschaftern, die wenigstens 1/5 des Stammkapitals erreichen, dagegen stimmt.

Ein weiterer und meines Erachtens sehr wichtiger Punkt, den ich noch anschneiden will und der in der AG keine Anwendung findet, ist die gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschafter mit den Geschäftsführern. Dies ist sicherlich eine wesentliche Neuheit, die der Gesetzgeber mit der Reform des Gesellschaftsrechts eingeführt hat, mit dem alleinigen Zweck, auch jene Gesellschafter Nicht-Geschäftsführer in Anspruch zu nehmen, die für die Gesellschaft, für die Gesellschafter und für Dritte mit Vorsatz („intenzionalmente“) schädliche Geschäfte beschlossen oder genehmigt haben. Mit dem Artikel 2476, Absatz 7 C.C. will man also vermeiden, dass führende Gesellschafter ihre Entscheidungen zum Schaden der Gesellschaft oder der anderen Gesellschafter durchbringen, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen werden zu können. Mit dem Inkrafttreten der Reform haften sie für die „mala gestio“ der Gesellschaft gegenüber den Minderheitsgesellschaftern und den Gesellschaftsgläubigern direkt und unbeschränkt mit ihrem eigenen Privatvermögen. Diese s.g. „direkte Mithaftung“ der Gesellschafter mit den Geschäftsführern könnte für die zukünftigen Gesellschafter einer GmbH vielleicht ein Grund sein, diese Gesellschaftsform zu überdenken und vielleicht mehr zur Rechtsform der AG zu neigen.

Allerdings: Auch wenn eine gesamtschuldnerische Haftung der Geschäftsführer gegeben und vorgesehen ist, ist die Haftung nicht auf alle Geschäftsführer erweiterbar. Geschäftsführer, welche den Beweis erbringen, keine Schuld zu tragen („essere esenti da colpa“) und ihre Ablehnung bekannt gegeben haben („abbiano fatto constare del proprio dissenso“), als sie von der geplanten Handlung Kenntnis erhalten haben, sind von einer jedweden Haftung befreit. Die erste Vorrausetzung (also: keine Schuld zu tragen) findet wohl bei einer Einzel- und Gesamtgeschäftsführung („amministrazione disgiunta e congiunta“) der Gesellschaft Anwendung, die zweite (also: seine Ablehnung bekannt zu geben) wohl ausschließlich im Falle des Bestehens eines Verwaltungsrates oder einer Gesamtgeschäftsführung. Bei Bestehen einer Einzelgeschäftsführung hat der nicht zustimmende Geschäftsführer jedenfalls ein Veto-Recht.

Hinsichtlich der Beweislast im Falle einer Haftungsfrage sei kurz gesagt, dass der Gesellschafter nur das gesetzwidrige Verhalten und den Schaden zu beweisen hat, während der Geschäftsführer den Beweis erbringen muss (was nicht immer leicht ist!), keine Schuld in jener bestimmten Handlung gehabt zu haben. In diesem Zusammenhang ist mein Ratschlag für die Geschäftsführer einer GmbH: jede Ablehnung, Entscheidung oder Erklärung schriftlich abgeben!!

Abschließend sei vielleicht noch angegeben, dass eine Bilanzgenehmigung die Geschäftsführer und die Mitglieder des Prüfungsausschusses ihrer Haftung für die Gesellschaftsführung nicht entzieht und dass der neue Gesetzestext der GmbH nicht mehr die Haftung der Geschäftsführer gegenüber den Gesellschaftsgläubigern („creditori sociali“) ex Art. 2394 C.C. erwähnt und regelt. Der Grund für diese Neuerung ist mir unklar. Jedenfalls sei angemerkt, dass der Gesellschaftsgläubiger, der aufgrund des gesetzwidrigen Verhaltens des Geschäftsführers einen Schaden erlitten hat, jederzeit berechtigt ist, auf Schadenserdsatz ex Art. 2043 C.C. zu klagen. 

 

(Juni 2004)

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Autor

Rechtsanwalt
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