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Fachbeitrag 02.02.2015

DER EIGENTUMSVORBEHALT


Mit Hilfe des Eigentumsvorbehalts kann ein Gläubiger seine Rechte auf die sich noch in seinem Eigentum befindliche Kaufsache geltend machen, wenn der Schuldner den Kaufpreis noch nicht vollständig gezahlt hat. Im Falle des Weiterverkaufs der Kaufsache setzt sich dieses Recht unter bestimmten Voraussetzungen an der Kaufpreisforderung des Käufers gegen seinen eigenen Käufer fort.

In der Praxis kommt eine solche Klausel insbesondere dann zur Anwendung, wenn sich der Schuldner in einem Insolvenzverfahren befindet.

1. Definition der Eigentumsvorbehaltsklausel

Die Eigentumsvorbehaltsklausel ist eine durch den Verkäufer in einen Vertrag (beispielsweise durch eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen) eingefügte Bestimmung, durch die er sich zur Sicherung seiner Kaufpreisforderung das Eigentum an der Kaufsache bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung vorbehält.

Zweck dieser Klausel ist es, den Verkäufer, der dem Käufer eine Stundung des Kaufpreises gewährt hat, vor dem Insolvenzrisiko des Käufers zu schützen.

Da der Verkäufer bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung Eigentümer der Kaufsache bleibt, kann er im Falle der Verletzung der Zahlungsverpflichtung durch den Käufer die Herausgabe der Kaufsache verlangen (sog. action en revendication ).

Im Gegensatz zum deutschen Recht ist dem französischen Recht das Abstraktionsprinzip fremd. Daher erfolgt die Eigentumsübertragung regelmässig bereits bei der Einigung über Sache und Kaufpreis.

Der Gefahrübergang erfolgt im französischen Recht nicht mit dem Übergang des Besitzes an der Kaufsache, sondern mit der Eigentumsübertragung. Im Falle eines Eigentumsvorbehalts trägt somit der Verkäufer grundsätzlich bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung die Gefahr der Beschädigung und des Untergangs der Kaufsache – es sei denn, es wurde etwas anders vereinbart. Der Käufer wird daher auch von seiner Zahlungsverpflichtung frei, wenn die Kaufsache vor der vollständigen, die Eigentumsübertragung herbeiführenden Kaufpreiszahlung vollständig oder teilweise zerstört wird.

In der Praxis wird dies durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen häufig abbedungen und vereinbart, daß der Gefahrübergang mit der Übergabe der Sache stattfinden soll. In diesem Fall sollte der Verkäufer den Käufer vertraglich dazu verpflichten, die Kaufsache umfassend zu versichern (Haftpflicht, Feuer, Explosion, Diebstahl…).

2. Wie kann die Sache im Falle der Insolvenz des Käufers wiedererlangt werden?

Die Eigentumsvorbehaltsklausel kommt insbesondere dann zum Tragen, wenn über den Käufer einer unter Eigentumsvorbehalt verkauften Sache noch vor der vollständigen Kaufpreiszahlung ein Insolvenzverfahren eröffnet wird. Der Verkäufer kann in diesem Fall von dem Insolvenzverwalter die Herausgabe der Sache verlangen (s.u., Artikel L. 624-9 des Code de commerce, französisches Handelsgesetzbuch)

2.1 Wirksamkeitsvoraussetzungen der Eigentumsvorbehaltsklausel

Die Möglichkeit, auch im Falle eines Insolvenzverfahrens die Eigentumsvorbehaltsklausel geltend zu machen, ist vom Gesetz anerkannt (Artikel L. 624-16 Abs. 2 bis L. 624-18 des Code de commerce). Die Wirksamkeitsvoraussetzungen der Eigentumsvorbehaltsklausel sind durch die Rechtsprechung konkretisiert worden:

Eine Eigentumsvorbehaltsklausel muss danach:

  • zwischen den Parteien schriftlich (1) und
  • spätestens zum Zeitpunkt der Lieferung vereinbart worden sein,
  • sehr auffällig verfasst sein und sich von den restlichen Bedingungen abheben, um den Käufer auf sie aufmerksam zu machen.

In der Praxis empfehlen wir, die oft in allgemeinen Verkaufsbedingungen enthaltene Eigentumsvorbehaltsklausel auf der Rückseite der Bestellungsbestätigung mit einem entsprechenden, auffälligen Hinweis auf der Vorderseite abzudrucken. Damit sie sich auch vom restlichen Text abhebt, sollte sie fett gedruckt werden. Schließlich muss darauf geachtet werden, daß der Käufer sich mit ihr auch tatsächlich einverstanden erklärt (z.B. durch seine Unterschrift, Paraphierung…)

2.2 Wirkungen der Eigentumsvorbehaltsklausel

  • Einfacher Eigentumsvorbehalt: Wiedererlangung der Kaufsache

Die Eigentumsvorbehaltsklausel kann grundsätzlich nur dann ihre Wirkung entfalten, wenn sich die Sachen, deren Herausgabe der Verkäufer verlangt, noch unverändert im Vermögen des Käufers befinden: sie dürfen keine ihre Identifizierung verhindernde Umgestaltung oder Änderung erfahren haben.

Gleichwohl erkennt das Gesetz einen Herausgabeanspruch auch für den Fall an, daß die unter Eigentumsvorbehalt verkaufte Sache in eine andere bewegliche Sache eingefügt oder eingebaut wurde, wenn ihre Wiedererlangung ohne Schaden für die Kaufsache selbst und für die Sache, in die sie eingefügt wurde, erfolgen kann (Artikel L. 624-16 Abs. 3 des Code de commerce).

Ebenso kann ein Herausgabeanspruch bei vertretbaren (d.h. untereinander austauschbaren) Sachen geltend gemacht werden, wenn sich Sachen selber Art und Güte im Besitz des Käufers befinden (Artikel L. 624-16 Abs. 3 des Code de Commerce).

In der Praxis ist die Identifizierung der unter Eigentumsvorbehalt verkauften Sache häufig problematisch. Der Verkäufer sollte dem Käufer daher in der Eigentumsvorbehaltsklausel die Pflicht auferlegen, eine Liste der unter Eigentumsvorbehalt gekauften Sachen zu führen. Allerdings ist eine solche Klausel nur dann nützlich, wenn die Eigenschaften der Sachen vorher schriftlich festgehalten wurden (Anzahl, Marke, Modell, Kennnummer…). Bei vertretbaren Sachen ist es möglicherweise zweckmäßig, die Vermutung zu vereinbaren, daß es sich bei den im Lager befindlichen Sachen um diejenigen handelt, die unbezahlt sind.

  • Verlängerter Eigentumsvorbehalt: Geltendmachung des Kaufpreises im Falle des Weiterverkaufs

Im Falle des Weiterverkaufs der unter Eigentumsvorbehalt verkauften Sache an einen Dritten kann der ursprüngliche Verkäufer die Zahlung der Kaufpreisforderung seines (ursprünglichen) Käufers gegen den zweiten Käufer geltend machen, wenn der Kaufpreis „am Tag des Gerichtsbeschlusses über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens weder gezahlt worden, noch durch Leistung an Erfüllung statt erloschen ist, noch im Kontokorrentkonto zwischen dem Schuldner (dem ursprünglichen Käufer) und dem Käufer ausgeglichen wurde“ (Artikel L. 624-18 des Code de commerce).

Um den ursprünglichen Verkäufer davor zu schützen, daß dieser Anspruch aufgrund einer vorherigen Kaufpreiszahlung des zweiten an den ursprünglichen Käufer untergeht, sollte für den Fall des Weiterverkaufs entweder (a) die Pflicht des ursprünglichen Käufers, seinen (zweiten) Käufer über das Bestehen einer Eigentumsvorbehaltsklausel zu Gunsten des ursprünglichen Verkäufers zu informieren (der zweite Käufer kann sich dann nicht mehr auf die Eigentumsvermutung des Art. 2276 Code civil (französisches Zivilgesetzbuch) berufen (2) oder (b) die Abtretung der künftigen, aus dem Weiterverkauf der Kaufsache entstehenden Ansprüche vertraglich vereinbart werden.

  • Übertragung der Eigentumsvorbehaltsklausel

Tritt der unter Eigentumsvorbehalt veräußernde Verkäufer seine eigene Kaufpreisforderung gegen seinen Käufer an einen Dritten ab, hat er die Möglichkeit, auch die sich aus dem Eigentumsvorbehalt ergebenden Rechte mitabzutreten. In diesem Fall kann der Dritte (der Zessionar) unter denselben Voraussetzungen wie der abtretende Verkäufer die Herausgabe der Kaufsache verlangen (3).

  • Geltendmachung des Herausgabeanspruches durch den Verkäufer

Der Eigentümer der Kaufsache muss innerhalb von drei Monaten nach der Veröffentlichung des Urteils über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens im BODACC (Amtsblatt des Gesellschaftsregisters) seinen Herausgabeanspruch beim Insolvenzverwalter geltend machen. Diese Frist kann sich ggf. verlängern, wenn sich der Antragsteller im Ausland befindet (4). Die Anmeldung einer Forderung ist dabei nicht erforderlich.

Weigert sich der Insolvenzverwalter, die Sache herauszugeben oder erfolgt innerhalb eines Monats keine Reaktion, kann der Gläubiger vor dem Handelsgericht, das die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beschlossen hat, auf  Herausgabe klagen.

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Rechtsanwalt
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