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Fachbeitrag 16.11.2015

Abgeltung des vollen Jahresurlaubs für die Dauer der Elternzeit


Mit Urteil vom 19.05.2015 (Az. 9 AZR 725/13) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) unter Änderung seiner bisherigen Rechtsauffassung entschieden, dass der Arbeitgeber nach (!) Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr wirksam von seiner Kürzungsmöglichkeit des dem Arbeitnehmer für die Dauer der Elternzeit zustehenden Jahresurlaubs Gebrauch machen kann.

Ausgangspunkt der Entscheidung ist zunächst § 17 Abs.1 S.1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG):
„Der Arbeitgeber kann den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen.“

Dies setzt zunächst das Rechtsverständnis voraus, dass Urlaubsansprüche grundsätzlich auch während der Elternzeit entstehen (Urteil des BAG vom 17.05.2011 – 9 AZR 197/10) und zwar auch dann, wenn die Hauptleistungspflichten des Arbeitnehmers in der Elternzeit vollständig suspendiert sind.

Das BAG stellt unter Bezugnahme auf seine bisherige Rechtsprechung ebenfalls fest, dass die Kürzung des Urlaubsanspruchs gemäß § 17 Abs.1 S.1 BEEG nicht automatisch erfolgt, sondern dass der Arbeitgeber von seinem Kürzungsrecht auch tatsächlich Gebrauch machen muss, was eine diesbezügliche empfangsbedürftige Willenserklärung voraussetzt (vgl. Urteil des BAG vom 23.04.1996 – 9 AZR 165/95).
In dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall ist nun dem Arbeitgeber zum Verhängnis geworden, dass er der betroffenen Arbeitnehmerin, deren Arbeitsverhältnis im Anschluss an die Elternzeit endete, nicht noch während (!) des bestehenden Arbeitsverhältnis erklärte, den Jahresurlaub gemäß § 17 Abs.1 S.1 BEEG zu kürzen.

Eine Kürzungserklärung des Urlaubsanspruchs gemäß § 17 Abs.1 S.1 BEEG nach (!) Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist nach Auffassung des BAG nicht mehr geeignet, den vollen Abgeltungsanspruch des Arbeitnehmers zu reduzieren. Das BAG begründet seine nunmehr geänderte Rechtsauffassung mit der Aufgabe der sog. Surrogationstheorie (Urteil des BAG vom 14.05.2013 – 9 AZR 844/11). Nunmehr entstehe mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein reiner Geldanspruch auf Abgeltung des noch bestehenden Resturlaubs. Der Abgeltungsanspruch ist nicht mehr als Äquivalent zum Urlaubsanspruch zu sehen sondern als ein sog. Aliud in Form eines selbständigen Geldanspruchs.
Im vom BAG entschiedenen Rechtsstreit befand sich die Arbeitnehmerin, deren Urlaubsanspruch 36 Urlaubstage umfasste und deren Gehalt sich auf 2.000,00 EUR belief, vom 16.02.2011 bis zum 15.05.2012 in Elternzeit. Abgesehen von Resturlaubsansprüchen für den Zeitraum vor Beginn der Elternzeit wurde der Arbeitnehmerin die Abgeltung des vollen Jahresurlaubs für das Jahr 2011 als auch des anteiligen Jahresurlaubs für das Jahr 2012 (wäre das Arbeitsverhältnis erst nach dem 30.05.2012 beendet worden, hätte der Arbeitnehmerin sogar der volle Jahresurlaub für das Jahr 2012 abgegolten werden müssen, vgl. § 5 Abs.1 c) Bundesurlaubsgesetz – BUrlG) zugesprochen, was einem Geldanspruch von ca. 4.500 EUR entsprach.

Der Arbeitgeber hätte diesen Anspruch verhindern können, indem er der Arbeitnehmerin noch während des bestehenden Arbeitsverhältnisses erklärt hätte, den Urlaubsanspruch gemäß § 7 Abs.1 BEEG zu kürzen.

Rechtsanwalt Danilo Robel
Fachanwalt für Arbeitsrecht
www.Rechtsanwaelte-RF.de
ROBEL & FRANCKE
Rechtsanwälte
(Leipzig / Dresden)

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