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Fachbeitrag 10.04.2012

Facebook, Xing & Co.: Einsatz im Arbeitsverhältnis erzwingbar?


Kann der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer verlangen, dass er in sozialen Netzwerken für ihn aktiv ist? Oder kann er ihn umgekehrt dazu zwingen, Facebook, Xing & Co zu meiden ?

 

 

Der Siegeszug, welchen Social Media durch alle Schichten der Gesellschaft angetreten hat, ist auch an der Arbeitswelt nicht spurlos vorbeigegangen. Unternehmen interessieren sich zunehmend für die Web-Aktivitäten ihrer Mitarbeiter – sei es, dass sie von diesen gewisse Aktivitäten erwarten, sei es, dass sie ihnen gewisse schädigende Aktivitäten untersagen möchten.

Ausgangslage

Virulent wurde die Thematik „Social Media“ zunächst in Fällen, wo Arbeitnehmer unter einem privat eingerichteten Account (z. B. auf Facebook) private Einschätzungen zu Themen veröffentlichten, welchen einen Bezug zum Arbeitgeber aufwiesen. So bezeichneten Mitarbeiter eines großen Handelskonzerns, welcher aufgrund einer Restrukturierung eine Vielzahl von Kündigungen aussprach, diese Entlassungswelle als „riesen Schweinerei“ und monierten, das Management hätte lieber auf einen Teil seiner Vergütung verzichten sollen.

Bekannt wurde auch der Fall einiger Mitarbeiter eines Unternehmens, welches am Bau des Bahnhofes Stuttgart 21 beteiligt war, die sich zum Bau dieses Bahnhofes kritisch äußerten und forderten, das Projekt zu stoppen. Kollegen klickten den berühmt-berüchtigten „Gefällt Mir“-Button. Soweit bekannt, wurden die Mitarbeiter in beiden Fällen seitens der Personalabteilung einbestellt und für die Thematik „sensibilisiert“. Auf den Ausspruch von Abmahnungen wurde interessanterweise verzichtet.

 

Interesse an der Nutzung von Social Media zum Wohle des Unternehmens

Auf der anderen Seite haben Unternehmen häufig ein besonderes Interesse daran, dass ihre Mitarbeiter die Möglichkeiten von Social Media zum Wohle des Unternehmens nutzen. Gerade in Zeiten von Fachkräftemangel bitten Unternehmen ihre Arbeitnehmer häufig darum, aktuelle Stellenausschreibungen auf deren privaten Accounts auf Xing oder Facebook zu veröffentlichen, um potenzielle Interessenten aus dem Bekannten- und Freundeskreis des Arbeitnehmers zu erreichen. Auch im Vertrieb wird von Arbeitnehmern häufig erwartet, dass sie jeglichen Kommunikationskanal zur Ansprache von Kunden nutzen. Hierzu mag es sinnvoll sein, in spezialisierten Netzwerken stets ein aktualisiertes Profil des Verkäufers und seines Waren- oder Dienstleistungsportfolios vorzuhalten. Andere Unternehmen hingegen beäugen insbesondere Xing-Profile sehr kritisch, da diese nicht selten Headhuntern als diskrete Brücke zum Zwecke der Abwerbung eines Arbeitnehmers dienen.

 

Darf der Arbeitgeber verlangen, dass der Arbeitnehmer Facebook, Xing, etc. beruflich nutzt?

In diesem Zusammenhang stellt sich dann die Frage, ob der Arbeitgeber von dem Arbeitnehmer verlangen kann, dass dieser in sozialen Netzwerken – unter seinem persönlichen Namen! – aktiv ist bzw. ob sie von ihm die Unterlassung bestimmter Äußerungen oder Verhaltensweisen erwarten können. Arbeitgeber haben hier ein Interesse an Weisungs- und Kontrollrechten.

 

Abwägung erforderlich!

Grundsätzlich steht dem Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer ein sogenanntes Direktionsrecht zu, mit dem dieser im Tagesgeschäft die konkreten Arbeitspflichten des Arbeitnehmers festlegen kann. Bei der Ausübung des Direktionsrechts ist der Arbeitgeber gem. § 106 I GewO lediglich an das sog. „billige Ermessen“ gebunden. Nur in den wenigsten Fällen wird der Arbeitsvertrag eine ausdrückliche Regelung dazu enthalten, dass der Arbeitnehmer verpflichtet ist, soziale Netzwerke beruflich zu nutzen. Insofern ist hier eine Abwägung zu treffen.

 

Problem: Allgemeines Persönlichkeitsrecht des Arbeitsnehmers betroffen

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Anmeldung in einem sozialen Netzwerk das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers in Form des Rechtes auf informationelle Selbstbestimmung betrifft. Denn wird ein entsprechendes Profil einigermaßen vollständig ausgefüllt, enthält es eine Vielzahl an Daten über den Arbeitnehmer, angefangen bei dessen Geburtsdatum, Foto, Vor- und Nachname bis zu dessen genauer Position im Betrieb. Zudem würden sämtliche Äußerungen des Arbeitnehmers, welche dieser im sozialen Netzwerk tätigt, nicht unbedingt primär seinem Arbeitgeber zugerechnet werden, sondern dem Arbeitnehmer „als Privatperson“. Eine Ausnahme wird insofern allerdings zum Teil in offensichtlich wirtschaftlich bzw. beruflich orientierten Netzwerken wie etwa Xing, oder für den anglo-amerikanischen Raum LinkedIn, gemacht. Denn diese Netzwerke haben nach ihrer strategischen Ausrichtung nicht den privaten Austausch zum Beispiel durch öffentliche zur Schaustellung von privaten Fotos zum Ziel, sondern verfolgen ganz konkret die Anbahnung von Geschäftskontakten. Hier ist der Meinungsstand in der juristischen Literatur allerdings uneinheitlich. Während einige Arbeitsrechtler davon ausgehen, dass in diesen Netzwerken der berufliche Aspekt derart in den Vordergrund tritt, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers nicht verletzt wird, gehen andere davon aus, dass auch hier dem Arbeitnehmer keine Teilnahme im Namen des Arbeitgebers vorgeschrieben werden darf. Diese Meinung stützt sich darauf, dass der Arbeitnehmer das Profil immer noch in seinem persönlichen Namen anlegt und nicht lediglich Teil eines Firmenprofils ist. Bildlich gesprochen pflegt der Arbeitnehmer hier persönlich mit virtuellen Mitteln den Kreis seiner Geschäftsfreunde, ohne unmittelbar eine Tätigkeit für sein Unternehmen zu bezwecken.

 

Fazit: Es kommt darauf an!

Insofern erscheint es zumindest zweifelhaft, ob ein Unternehmen seine Mitarbeiter wirksam anweisen kann, an wirtschaftlich orientierten Netzwerken wie etwa Xing oder LinkedIn im eigenen Namen für das Unternehmen tätig zu werden. Dies mag sich jedoch im Laufe der Zeit ändern, wenn sich hier eine anderweitige Übung herausbildet. Denn es ist bereits jetzt zu beobachten, dass insbesondere im Vertrieb ganze Abteilungen nach einheitlichem Muster Profile angelegt haben. Hinsichtlich privater Netzwerke wie etwa facebook wird man jedoch mit einiger Sicherheit feststellen können, dass der Arbeitgeber hier keinerlei Aktivitäten seiner Arbeitnehmer für das Unternehmen erzwingen kann.

Konsequenzen für Arbeitgeber

 

  • Bei Vorgaben an Arbeitnehmer zur Nutzung von Social Media ist Zurückhaltung angebracht. Die rechtlichen Grundlagen sind noch nicht abschließend geklärt. Im Wesentlichen ist vom Grundsatz der Freiwilligkeit auszugehen.
  • Soweit Arbeitnehmer sich in Social Media negativ über den Arbeitgeber äußern oder das Unternehmen negativ darstellen, können Unterlassungsrechte bestehen. Die Voraussetzungen für eine Sanktion sind allerdings hoch.

 Konsequenzen für Arbeitnehmer

 

  • Sie müssen keine Vorgaben zur Nutzung ihres privaten Accounts in Social Media dulden. Ausnahmen gelten ggf. im Bereich beruflich orientierter Netzwerke.
  • Bei Äußerungen in Social Media sollten Sie darauf achten, die Rechte Ihres Arbeitgebers nicht zu verletzen. Insbesondere von Verleumdungen oder beleidigenden Aussagen sollten Sie absehen.

  

RA Pascal Croset, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin www.ra-croset.de

 

Pascal Croset ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht mit Kanzleisitz in Berlin. Er ist ideologisch nicht festgelegt und vertritt daher Arbeitgeber (kleine, mittelständische und große Unternehmen mit bis zu 1.500 Mitarbeitern) und Arbeitnehmer (Angestellte aller Einkommensklassen, Führungskräfte, leitende Angestellte und Geschäftsführer) – deutschlandweit.

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Autor

Rechtsanwalt
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