Rechtsnews 17.06.2023 Raphaela Nicola

Darf eine unbewiesene Vaterschaft öffentlich behauptet werden?

Darf eine unbewiesene Vaterschaft öffentlich behauptet werden?

Die Frage nach der Vaterschaft eines Kindes ist nicht nur für die Beteiligten von großer Bedeutung, sondern kann auch rechtliche Folgen haben. Die Vaterschaft bestimmt unter anderem das Sorgerecht, das Umgangsrecht, den Unterhalt und das Erbrecht. Die rechtliche Vaterschaft kann auf verschiedene Weise begründet werden, zum Beispiel durch die Ehe mit der Mutter, die Anerkennung der Vaterschaft oder die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft. Doch was ist, wenn jemand behauptet, der Vater eines Kindes zu sein, ohne dies beweisen zu können? Darf er dies öffentlich tun oder macht er sich damit strafbar oder schadensersatzpflichtig?

Die Antwort auf diese Frage hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel dem Wahrheitsgehalt der Behauptung, dem Beweisinteresse des Betroffenen und dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit des Behauptenden. Im Folgenden werden einige Aspekte dieser komplexen Thematik näher beleuchtet.

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Ist die Behauptung wahr oder unwahr?

Der erste Schritt bei der Beurteilung einer Vaterschaftsbehauptung ist die Feststellung, ob sie wahr oder unwahr ist. Dies kann durch einen Vaterschaftstest geklärt werden, der eine hohe Zuverlässigkeit hat. Allerdings kann ein solcher Test nicht ohne Zustimmung aller Beteiligten durchgeführt werden. Wenn der vermeintliche Vater oder die Mutter oder das Kind die Einwilligung verweigern, kann nur ein Gericht einen Vaterschaftstest anordnen. Dies setzt jedoch voraus, dass ein berechtigtes Interesse an der Klärung der Vaterschaft besteht.

Wenn die Behauptung wahr ist, also der Behauptende tatsächlich der biologische Vater des Kindes ist, kann er dies grundsätzlich öffentlich kundtun. Er hat ein Recht auf freie Meinungsäußerung und ein Recht auf Achtung seines Privat- und Familienlebens. Allerdings muss er dabei auch die Rechte und Interessen der anderen Beteiligten berücksichtigen. Er darf zum Beispiel nicht die Persönlichkeitsrechte der Mutter oder des Kindes verletzen oder deren Ruf schädigen. Er muss auch die bestehende rechtliche Vaterschaft respektieren, wenn das Kind bereits einen anderen gesetzlichen Vater hat. In diesem Fall kann er nur versuchen, die rechtliche Vaterschaft anzufechten oder eine Stiefkindadoption zu beantragen.

Wenn die Behauptung unwahr ist, also der Behauptende nicht der biologische Vater des Kindes ist, liegt die Situation anders. Er verbreitet eine falsche Tatsachenbehauptung, die geeignet ist, den Betroffenen in seinem Ansehen zu beeinträchtigen. Er kann sich nicht auf sein Recht auf Meinungsfreiheit berufen, da dieses nur für Werturteile und nicht für unwahre Tatsachen gilt. Er kann sich auch nicht auf sein Recht auf Achtung seines Privat- und Familienlebens berufen, da er kein schutzwürdiges Interesse an einer falschen Vaterschaftsbehauptung hat.

Welche rechtlichen Konsequenzen hat eine unbewiesene Vaterschaftsbehauptung?

Eine unbewiesene Vaterschaftsbehauptung kann sowohl strafrechtliche als auch zivilrechtliche Konsequenzen haben.

Strafrechtlich kann eine unbewiesene Vaterschaftsbehauptung eine Beleidigung (§ 185 StGB), eine üble Nachrede (§ 186 StGB) oder eine Verleumdung (§ 187 StGB) darstellen. Diese Delikte sind jedoch nur auf Antrag des Betroffenen verfolgbar, es sei denn, die Tat wurde öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften begangen. Die Strafe kann eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren betragen.

Zivilrechtlich kann eine unbewiesene Vaterschaftsbehauptung einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen darstellen. Dieses umfasst unter anderem das Recht auf Achtung der Ehre, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und das Recht auf Schutz der familiären Beziehungen. Der Betroffene kann daher vom Behauptenden Unterlassung, Widerruf, Richtigstellung, Schmerzensgeld und gegebenenfalls Schadensersatz verlangen. Die Höhe des Schmerzensgeldes und des Schadensersatzes hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, wie zum Beispiel der Schwere der Beeinträchtigung, dem Grad des Verschuldens, dem Ansehen des Betroffenen und dem Verbreitungsgrad der Behauptung.

Welcher Fall lag hier vor?

Während eines beruflichen Aufenthalts in München im Jahr 2011, lernte ein Mann aus Saudi-Arabien eine Münchnerin kennen. Die Frau brachte im Jahr 2012 eine Tochter zur Welt. In der Folgezeit behauptete sie immer wieder auch über soziale Medien, dass der Mann der Vater ihrer Tochter sei. Sie veröffentlichte Bilder von ihm und von ihrer Tochter. Diese untertitelte sie dementsprechend. Vor dem Amtsgericht (AG) München hatte die Klage des Mannes wegen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts Erfolg.
In einem Urteil aus April wird der Mutter untersagt, zu behaupten, dass er der Vater ihrer Tochter sei. Außerdem darf sie keine Abbildungen mehr von ihm in den sozialen Medien veröffentlichen und muss ihre Posts löschen (Urt. v. 12.04.2016, Az. 161 C 31397/15). Die Behauptung, der Mann sei der Vater ihres Kindes, sei eine Tatsachenbehauptung. Diese ist auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Hierfür trage die Münchnerin die Beweislast. Demgegenüber berühre die Äußerung die Privatsphäre des Mannes.

Keine Bilder und Posts in sozialen Medien

Die Interessensabwägung falle zugunsten des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Mannes nach Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Grundgesetz (GG) aus. Dieses überwiegt das Grundrecht auf Meinungsfreiheit der Mutter nach Art. 5 GG. Die Frau habe die Wahrheit ihrer Behauptung nicht nachgewiesen. Ein öffentliches Interesse an deren Verbreitung bestehe ebenfalls nicht. Die Mutter habe durch die Veröffentlichung bzw. die Verbreitung der Bilder des Mannes ohne dessen Einwilligung in verschiedenen sozialen Medien eine Rechtsverletzung begangen.
Demnach dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden. Dies ist nicht der Fall, wenn der Abgebildete eine Person der Zeitgeschichte wäre. Das AG München ist der Auffassung, dass sich ihre Pflicht zur Unterlassung nicht in bloßem Nichtstun erschöpfe. In der Mitteilung heißt es, dass der Schuldner vielmehr „mögliche und zumutbare Handlungen zur Beseitigung des Störzustandes vornehmen“ müsse. Hierzu gehören bereits gemachte Posts mit der Behauptung, er sei der Vater ihrer Tochter. Diese muss die Frau widerrufen beziehungsweise löschen.

Fazit

Eine unbewiesene Vaterschaftsbehauptung ist nicht nur moralisch verwerflich, sondern kann auch rechtlich riskant sein. Wer eine solche Behauptung aufstellt, muss damit rechnen, dass er sich strafbar oder schadensersatzpflichtig macht. Wer eine solche Behauptung hört, sollte sie nicht ungeprüft glauben oder weiterverbreiten, sondern sich nach den Fakten erkundigen. Wer von einer solchen Behauptung betroffen ist, sollte sich nicht einschüchtern lassen, sondern seine Rechte wahrnehmen.

Quelle:

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