Fachbeitrag 11.07.2011

Familienrecht international


Die  Gemeinschaft,  die  sich  um  Ziel  gesetzt  hat,  einen  Raum  der  Freiheit,  der  Sicherheit und  des  Rechts,  in  dem  der  freie  Personenverkehr  gewährleistet  ist,  zu  erhalten  und  weiterzuent-

wickeln,  hat  seit  Anfang   diesen  Jahrhunderts  Maßnahmen  im  Bereich  der  justiziellen  Zusammenarbeit in  Zivilsachen  mit  grenzüberschreitenden  Beziehungen,  erlassen,  die  ständig 

erweitert  und  vervollständig  werden.

 

Was  die  internationale  Zuständigkeit  der  Gerichte  in  Scheidungs-,  Sorgerechts-  und  Unterhaltsangelegenheiten  betrifft,  sehen  folgende  Verordnungen  Kollisionsnormen  vor :

 

– die  EG-Verordnung  Nr. 2201/2003  vom  27.  November  2003  über  die  Zuständigkeit,  Anerkennung  und  Vollstreckung  von  Entscheidungen über  die  Auflösung  des  Ehebandes  und  das  Sorgerecht,  die  am  1.  März  2005  in  Kraft  getreten  ist.  Sie hat  keinen  begrenzten  ratione  loci  Anwendungsbereich,   sondern  ist  anwendbar,  sobald  sich  eine Zuständigkeitsregel  auf dem  Gebiet  eines Mitgliedstaates  und  ohne  Rücksicht  auf  die  Nationalität  der  Parteien  realisiert.

 

–   die  EG-Verordnung  Nr. 4/2009 vom  18. Dezember  2008  über  die  Zuständigkeit,  das  anwendbare  Recht,  die  Anerkennung  und  Vollstreckung  von  Entscheidungen in Unterhaltssachen,  die  am  18.  Juni  2011  in  Kraft  getreten  ist.  Auch  diese  Verordnung  ist  territorial  nicht  begrenzt.  Eine  der  wichtigsten  Neuerungen  dieser  Verordnung,  ist  die  Abschaffung  der  Exequatur,  die  Möglichkeit  Gerichtsstandsklauseln   und  das  anzuwendende  Recht zu  vereinbaren

wie  auch  die  Zusammenarbeit  der  Behörden  der  einzelnen  Mitgliedstaaten  bei  der  Eintreibung   und  Vollstreckung   der  Unterhaltstitel.

 

Das  auf  das  Sorgerecht  und  den  Unterhalt  anzuwendende  Recht,  sind  geregelt  in

 

-dem  Haager  Übereinkommen  vom  19.  Oktober  1996  über  die  elterliche  Verantwortung,

in  Kraft  getreten  in  Frankreich  am  1.  Februar  2011;  es   ersetzt  das  Haager  Übereinkommen  von  1961.

 

– dem  Haager  Protokoll  vom  23.  November  2007,  anwendbar  in  Verbindung  mit  den  Bestimmungen  der  EG-Verordnung  Nr.  4/2009  und  am  gleichen  Tag  wie  die  Verordnung  in  Kraft  getreten.  Es  ersetzt  das  Haager  Übereinkommen vom  2.  Oktober  1973.

 

Das  Übereinkommen  und das  Protokoll   haben  einen  universalen Anwendungsbereich,  was  bedeutet,  dass  sie  anwendbar  sind,  selbst  wenn  das  darin  bezeichnete  Recht  dasjenige  eines  Nichtvertragstaates  ist.

 

Das auf  Scheidungen  anzuwendende   Recht  ist  vorgesehen  in  der  Verordnung  (EG)  Nr. 1259/2010 des  Rates  vom  20.  Dezember  2010.  Diese  Verordnung  wird  am  21.  Juni  2012 in  14  Mitgliedstaaten  anwendbar  sein  :  Frankreich,  Deutschland, Österreich, Belgien, Luxemburg, Spanien, Italien,  Portugal,  Ungarn,  Rumänien, Slowenien,  Bulgarien,  Lettland  und  Malta.

 

Nachstehende  Fallbeispiele  sollen  veranschaulichen,  wie  sich  die  internationalen  Texte  artikulieren  :

 

  

Sandro  lebt  mit  seiner  Mutter  in  Paris,  sein  Vater   wohnt  in  Deutschland.   Der  Kindesvater  hat  vor  dem  Pariser   Familienrichter   ein Sorgerechtsverfahren   eingeleitet,  in  dem  er  auch   ein  Unterhaltsangebot  für  den  gemeinsamen  Sohn  gemacht  hat.  Während  des  Verfahrens  zog  die  Mutter  mit  den  Kind  in  den  Libanon  um.

 

Welches  Gericht  ist   zuständig   ?

 

Nach  Artikel  8  Brüssel-II-A-Verordnung   sind  die  Gerichte  des gewöhnlichen  Aufenthalts  des  Kindes  für  die  elterliche  Verantwortung  zuständig.

 

Nach  Artikel  3  der  Unterhaltsverordnung,  ist  das  Gericht  des  Aufenthaltsortes  des  Gläubigers

u.a.  zuständig.

 

Die  Zuständigkeit  bestimmt  sich  im  Zeitpunkt  der  Antragsstellung.

 

Das   französische  Gericht  ist  deshalb   zuständig,  selbst  wenn  die  Kindesmutter  noch  vor 

Abschluss  des  Verfahrens   Frankreich  verlassen  hat,  um  sich  im  Libanon  anzusiedeln.

 

Welches  Recht  in  anwendbar  ?

 

–  auf  die  elterliche  Sorge

 

Nach  Artikel  16  des  Haager  Übereinkommens  über  die  elterliche  Verantwortung  vom

19.10.1996  betreffend   die  Natur  der  elterlichen  Sorge  gilt  das  Recht  des  gewöhnlichen  Aufenthalts  des  Kindes.  Beim Wechsel  des  gewöhnlichen  Aufenthalts  des  Kindes,  bleibt  es   bei dem   Recht   des  vorherigen  Aufenthalts.

 

Auf  die  elterliche  Sorge  ist  deshalb  französisches  Recht  anwendbar.

 

–  auf  den  Unterhalt

 

Nach  Artikel  3.2.  des  Haager  Protokolls   ist  beim  Wechsel  des  gewöhnlichen  Aufenthalts

des  Gläubigers   das  Recht  des  neuen  Aufenthalts  ab  dem  Zeitpunkt,  an  dem  der  Wechsel

stattgefunden  hat,  anwendbar.

 

Die  Kindesmutter  ist  noch   vor  dem   Verhandlungstermin   in  den  Libanon  umgezogen.  Das  Recht   des  neuen  Aufenthalts  findet  deshalb  sofort  Anwendung.

 

Der  französische  Richter  muss  deshalb  das  libanesische  Recht  auf  den  Unterhaltsanspruch

anwenden.   Obwohl   der  Libanon  weder  ein  Mitgliedstaat  der  EU,  noch  ein  Vertragstaat  des  Protokolls  ist,  findet  in  der  Tat   das  libanesische  Recht   wegen  der  in  dem   Haager  Protokoll   in  Artikel  2  vorgesehenen  universalen  Anwendung,  Anwendung.

 

 

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Klaus,  deutscher  Staatsbürger,  und  Berthold,  holländischer   Staatsbürger,  haben  in  Spanien  die  Ehe  mit  einander geschlossen.  Sie  beabsichtigen,  sich  in  Paris  niederzulassen.  Klaus  kommt  als  erster  in  die  Stadt  an  der  Seine,  um  die  zukünftige  gemeinsame  Wohnung  einzurichten.  Berthold   hat  zwischenzeitlich  eine  neue  Liebschaft  und   bleibt  in  Spanien.  Klaus,  der  finanziell  auf  Berthold  angewiesen  ist,   möchte   Unterhaltsansprüche  gegenüber  seinem  Ehepartner  geltend  machen.

  

Welches  Gericht  ist  zuständig  ?

 

Nach  Artikel  3  a)  der  Verordnung  Nr.  4/2009  ist  der  spanische  Richter  als  Richter  des  Ortes,  an  dem  die  Gegenpartei  ihren  gewöhnlichen  Aufenthalt  hat,   zuständig.

 

Jedoch  ist  auch   der  französische  Richter  lt.  Artikel   3  b)  der  Verordnung  zuständig,  weil  Klaus   als  Gläubiger  in  Frankreich  seinen  gewöhnlichen  Aufenthalt  hat.

 

Welches  Recht  ist  anwendbar  für  den  Fall,  dass  das  Verfahren   vor  dem

Spanischen  Richter  anhängig  ist  ?

 

Das  Haager  Protokoll vom  23.  November  2007  sieht  eine  spezielle  Regelung  über  Unterhaltsansprüche  von  Eheleuten  vor.  Es  handelt  sich  hier  um  Artikel  5,  der  die  in  Artikel  3 vorgesehene  Bestimmung  ausschließt,  d.h.  die   Anwendung  des  Rechts  des   gewöhnlichen  Aufenthalts  des  Gläubigers,  wenn  sich  eine  der  Parteien   ihr  widersetzt  und  das  Recht  eines  anderen  Staates,  insbesondere  des  Staates  des  letzten gemeinsamen  Aufenthalts  eine  engere  Verbindung  mit  der  Ehe  hat.

 

In  vorliegendem  Fall  käme  nach  Artikel  3  das  französische  Recht  als  Recht  des  gewöhnlichen  Aufenthalts  des  Gläubigers  zur  Anwendung.  Klaus  kann  sich  jedoch  der  Anwendung  französischen  Rechts  widersetzen  und   vortragen,  dass  das  spanische  Recht   wegen   „der  engeren Verbindung  zur  Ehe“  anzuwenden  ist,  da  es  das  Recht  „des  letzten  gemeinsamen  Aufenthalts  ist“.

 

Würde  Berthold  nach  dem  er   zur  Zahlung  von Unterhalt  von  dem  spanischen  Richter   verurteilt  wurde,   das  Urteil   nicht  spontan  vollstrecken  und  nach  Holland  flüchten,  könnte  Klaus   das  Urteil  ohne  vorherige  Exequatur   in  Holland  verstrecken  lassen. 

 

 

Welches  Recht  wäre  anwendbar,  wenn  Klaus  vor  dem  französischen  Richter  klagen  würde  ?

 

Auch  hier  könnte  sich   Klaus  auf  Artikel  5  des  Protokolls  berufen.  Nur  wäre  dies  problematisch,  weil  das  Protokoll  nicht  den  Begriff  „Eheleute“  definiert,  jeder  Staat  ist  frei,  den  Begriff  zu  definieren.   Das  französische  Recht  kennt  bekanntlich  nicht  die  Ehe  zwischen  Homosexuellen.  Auf  jeden  Fall  könnte  französisches  Recht  angewendet  werden,  da  es  das  Recht  des  gewöhnlichen  Aufenthalts  des  Gläubigers  ist.

 

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Birgit  ist  mit   Pedro  verheiratet,   sie  haben  einen  gemeinsamen  Sohn,  der  bei  der  Mutter  in  Paris  lebt;   das  Ehepaar  hatte  nie  eine   gemeinsame   eheliche   Wohnung.  Birgit   blieb  nach  der  Heirat  weiterhin   in  Paris,   Pedro  lebte  weiter  in  der  Toskana.

 

Birgit  möchte  sich  scheiden  lassen.

 

Welches  Gericht  ist  zuständig   ?

 

          auf  die  Scheidung

 

Da  Birgit  als   deutsche  Staatsbürgerin   schon  länger   als  sechs  Monate  in  Frankreich  ihren  gewöhnlichen  Aufenthalt  hat,   sind   nach  Brüssel-II-A-Verordnung   die  französischen  Gerichte  für  die  Scheidung   zuständig.

 

Jedoch   ist   das  italienische  Gericht  ebenfalls  zuständig,  da   es  das  Gericht  des   Aufenthalts  der   Gegenpartei   ist,   wo  auch  Pedro  sofort  die  Scheidung   einreichen  könnte,  da  er  immer   seinen  gewöhnlichen  Aufenthalt   in   seinem  Heimatstaat  hatte.

 

          auf  das  Sorgerecht

 

Nach  Artikel  12  Brüssel-II-A-Verordnung   sind  die  italienischen  Gerichte  nur  dann  für  das  Sorgerecht  zuständig,  wenn   die  Kindesmutter  und  zum  höchsten  Kindeswohl  in  die  Zuständigkeit  einwilligt. 

 

Welches  Recht  ist  anwendbar   ?

 

          auf  die  Scheidung

 

Richtlinien  über  das  auf  die  Scheidung  anzuwendende  Recht  bestehen  zwar  (VO  (EG)  n° 1259/2010),  sind   jedoch  bis  heute  noch  nicht  in  Kraft  getreten.  Es  müssen  deshalb  die  nationalen  Kollisionsnormen  befragt  werden.

 

Die  französische  Kollisionsnorm  finden  wir  in  Artikel  309  ff.  code  civil.

Artikel  309,  3.  Abs.  sieht  vor,  dass  französisches  Recht  nur  auf  die  Scheidung  Anwendung  findet,  wenn  die  französischen  Gericht  zuständig  sind  und  sich  kein  ausländisches  Recht  für  zuständig  erklärt;   sollte  sich  nach  der   italienischen  Kollisionsnorm  das  italienische  Recht  nicht  für  zuständig  erklären,   wäre  französisches  Recht  anwendbar.

 

–  auf   das  Sorgerecht

 

Laut   Haager  Übereinkommen  über  die  elterliche  Verantwortung  (Artikel  16  +  17)  unterliegt   die  elterliche  Sorge  dem   Recht  des  gewöhnlichen  Aufenthalts  des  Kindes.

 

Sollte  die  Kindesmutter  in  die  Zuständigkeit  der  italienischen  Gerichte  einwilligen,  käme  italienisches  Recht   auf  die  elterliche  Sorge  zur  Anwendung;    ansonsten  unterläge  die  Sorge  französischem  Recht.

 

          auf  den  Kindesunterhalt

 

Laut  Artikel  3.1.  des  Haager  Protokolls   richtet  sich   das  anzuwendende  Recht  nach  dem  gewöhnlichen  Aufenthalt  des  Kindes. 

 

Wie  oben  schon  erwähnt,  willigte  die  Kindesmutter  in  die  Zuständigkeit  der  italienischen  Gerichte  was   die  Zuständigkeit  betreffend  die  elterliche  Sorge  betrifft,  ein,  so  unterläge  der  Kindesunterhalt  italienischem  Recht;  ansonsten  dem  französischen.

 

 

          auf  den  ehelichen  und  den  nachehelichen  Unterhalt

 

In  Anwendung   des  Haager  Übereinkommens  vom  2.  Oktober  1973  über  das   auf  Unterhaltspflichten   angewendete   Recht,  war  hier  der  Anknüpfungspunkt   das  Recht,  dem  die  Scheidung  unterlag 

 

Dieses  Übereinkommen  wurde  ab  dem  18.  Juni  2011   ersetzt  durch   das  Haager  Protokoll.

 

Das  Haager  Protokoll  sieht  in  Artikel  3.1.   vor,   dass  der  Anknüpfungspunkt   der  gewöhnliche  Aufenthalt  des Gläubigers  ist,  es  sei  denn,  das  Protokoll  sieht  etwas  Anderes  vor.

 

In  vorliegendem  Fall  unterläge  der  eheliche  und  der  nacheheliche  Unterhalt  dem  Recht  des  Aufenthalts  des  Gläubigers.

 

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Ein  Ehepaar  lebt  mit  seinen  Kindern   in  Deutschland.  Der  Ehemann,   der  Ingenieur  ist,  weiß   dass   seine  Firma  beabsichtigt,  ihn   ins   Ausland  zu  schicken.  Das  Ehepaar  hat  gehört,  dass  es  nach  den  neuesten  Bestimmungen  möglich  ist,  für den  Fall   einer  Scheidung   das  zuständige  Gericht   und  das  anzuwendende  Recht  zu  vereinbaren.   Sie  bitten  um  Rechtsberatung,  ob  die  Zuständigkeit  des  Gerichts  und  das  Recht  vertraglich  vereinbart  werden  können.  Sie  wünschen,  dass  bei  einer  eventuellen  Trennung  die  deutschen  Gerichte  zuständig  sind  und  dass  deutsches  Recht  angewendet  wird.

 

–  Kann  im  heutigen  Zeitpunkt   ein  Vertrag  über  die  gerichtliche  Zuständigkeit  und  das  anzuwendende  Recht  erstellt  werden  ?

 

Diese  Möglichkeit  besteht  nur,  was  eventuelle  zukünftige  Streitigkeiten  über Unterhaltssachen   betreffen,  und   dann  nur,  was  den  ehelichen  und  nachehelichen  Unterhalt  angeht.

 

a)      laut  Artikel  4  der  Verordnung  Nr.  4/2009,  können  die  Eheleute  das  zuständige  Gericht

wählen;  die  Wahl  ist  jedoch  begrenzt.  Dies  kann  beispielsweise  ein  deutsches  Gericht

sein,  weil  eine   der  Parteien   deutscher  Staatsbürger  ist  oder  weil   der  letzte gemeinsamen  Wohnsitz  während  eines  Jahres  in  Deutschland  war.

 

Artikel  4.3.  schließt  jedoch  ausdrücklich  die  Wahl  für  Unterhaltsstreitigkeiten

betreffend  Kinder  unter  18  Jahren  aus.

 

b)      Artikel  8  des  Haager  Protokolls  sieht  einen  ganzen  Kataloge  von  Rechten  vor,

die  das  Ehepaar  wählen  kann,  sofern  das  gewählte  Recht  nicht  die  Unterhalts-

ansprüche  ausschließt. 

 

Für  minderjährige  Kinder  ist  die  Rechtswahl  ausgeschlossen  (Artikel  8.3).

 

Dem  Wunsch   Ihrer  Mandanten  kann  entsprochen  werden,  da  sie  im  Zeitpunkt  der  Vereinbarung   zusammen  in  Deutschland  wohnen  und  das  deutsche  Recht  die  Unterhaltsansprüche  zwischen  Eheleuten  nicht  ausschließt.

 

 

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Ein  deutsches  Ehepaar  lebt  mit  seinen  drei  minderjährigen  Kindern  in  Frankreich.  Die  Ehefrau  begehrt   die  Scheidung;   ihr  Rechtsbeistand  hat  ihr  geraten,   die  Scheidung   in   Deutschland  einzureichen,  da   er  glaubt,  dass  das  deutsche  Unterhaltsrecht  günstiger  für  seine  Mandantin  sei.

 

Der  Rechtsbeistand   des  Ehemanns  hat   die  Annahme  der  Klage  verweigert  und   einen  französischen  Kollegen  gebeten,  in  Frankreich  ebenfalls  einen  Scheidungsantrag  zu  stellen. 

  

Welches  Gericht  ist  zuständig 

 

–   auf  die   Scheidung

 

Die  deutschen  Gerichte  sind  zuständig  wegen  der  gemeinsamen  Staatsangehörigkeit,  die  französischen  Gerichte  sind  ebenfalls  zuständig  wegen  des  gemeinsamen  Aufenthalts  (Brüssel-II-A-Verordnung).

 

Wir   sind   jedoch    hier  in  einer  doppelten  Rechthängigkeit.

 

Das   deutsche  Gericht  ist  zuständig,  weil   sich  hingegen   der  Annahme  des  gegnerischen  Rechtsbeistandes,   die  Rechtshängigkeit  nicht  nach  dem  nationalen  Recht  (hier  dem  deutschem,  das  zwischen  Anhängig-   und  Rechtshängigkeit  unterscheidet),  sondern nach  dem  Gemeinschaftsrecht  richtet. 

 

Nach  Artikel  16  a) Brüssel-II-A-Verordnung  ist  der  Antrag  an  dem  Tag  rechtshängig,  an  dem  er  bei  Gericht  registriert  wurde.   Nur  dieser  Absatz  kommt   in   der  deutsch/französischen   Praxis  in  Frage,  da  sowohl   in  Frankreich   als  auch  in  Deutschland  Scheidungsanträge  bei  Gericht  eingereicht  und  von  der  Geschäftstelle  zugestellt  werden  oder,  was  Frankreich  betrifft,  nach  Genehmigung   des  Richters  von  einem  Gerichtsvollzieher  zugestellt  werden  können.

 

          auf  das  Sorgerecht

 

Damit   der  deutsche  Richter  ebenfalls   über  die  Sorge  entscheiden  kann,  müsste  der  Kindesvater  und  zum  höchsten  Kindeswohl  in   die   Zuständigkeit  einwilligen  (Artikel  12  der  Verordnung).

 

–  auf   den   Kindesunterhalt

 

 Artikel  3  a)  und  3  b)  der  Verordnung  EG  Nr.  4/2009   verweisen  auf  die  Zuständigkeit 

des  Gerichts  des   gewöhnlichen  Aufenthaltsortes  des  Gläubigers  oder  des  der  Gegenpartei.

 

Jedoch  ist  laut  Artikel  3  c)  der  Verordnung  EG  Nr.  4/2009  über  Unterhaltssachen,  das  Gericht, das  nach  seinem  Recht  für  ein Verfahren  in  Bezug  auf  die  Scheidung  zuständig  ist,  für  Unterhaltssachen  zuständig,  wenn  in  der  Nebensache  zu  diesem  Verfahren  über  eine  Unterhaltssache  zu  entscheiden  ist,  es  sei  denn,  diese  Zuständigkeit  beruht  einzig  auf  der  Staatsangehörigkeit  einer  der  Parteien.

 

Sollte  der  Kindesunterhalt  bereits  in  dem  Scheidungsverfahren  geltend  gemacht  werden  und da   die  Zuständigkeit    nicht  einzig  auf  der  Staatsengehörigkeit  einer  der  Parteien  beruht,  wäre  das  deutsche  Gericht  ebenfalls  zuständig,  um  über  ihn  zu  entscheiden.

 

 

          auf  den  ehelichen  und  nachehelichen  Unterhalt

 

Das   deutsche  Gericht  wäre  aus  den  gleichen  Gründen   für  den  ehelichen  und  nachehelichen  Unterhalt  zuständig.  Der  deutsche  Richter  könnte  hier  ebenfalls  den  Versorgungsausgleich  machen,  was   für  den  französischen  Richter  problematisch   ist,  da  er  dieses  Rechtsinstitut  nicht  kennt.

 

Welches  Recht   ist  anwendbar  ?

 

          auf  die  Scheidung

 

Auf   die  Scheidung   wird   deutsches  Recht  angewendet    (§§ 14  und  17  EGBGB).

 

–  auf   die  elterliche  Sorge

 

Auf   das  Sorgerecht   ist  französisches  Recht   wegen  des  gewöhnlichen  Aufenthalts  der  Kinder anwendbar   (Artikel  17   des  Haager  Übereinkommens  über  die  elterliche  Sorge).

 

–   auf    den  Kindesunterhalt  und  den  ehelichen  und  nachehelichen  Unterhalt

 

Auch  hier  ist  französisches  Recht  anwendbar,  und  zwar  ebenfalls  wegen des gewöhnlichen  Aufenthalts  der  Gläubiger  (Artikel  3.1 Haager  Protokoll). 

 

 

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Rechtsanwalt
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