Keine Sanktionen bei psychisch behinderter Hartz IV-Empfängerin
Das Sozialgericht Dresden entschied zu Gunsten einer psychisch behinderten Hartz IV-Empfängerin, gegen die zum wiederholten Mal Sanktionen wegen Versäumnisse der Meldepflicht verhängt wurden. Statt Sanktionen zu verhängen, hätte das Jobcenter der Frau besondere Betreuungsleistungen zukommen lassen müssen.
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Frau ignorierte acht Meldetermine
Hintergrund des Urteils war, dass die 36-jährige Frau acht Einladungen zu sogenannten Meldeterminen innerhalb von fünf Monaten ignorierte und beim Jobcenter nicht erschien. Daraufhin kürzte die Behörde die Sozialleistung als Sanktionsmaßnahme um 10 Prozent für insgesamt drei Monate pro verstrichenem Meldetermin. Der behinderten Frau fehlten demnach pro Minderung 40 Euro.
Sozialgericht Dresden hob alle acht Sanktionsbescheide auf
Das Sozialgericht Dresden hob alle acht Sanktionsbescheide auf. Es begründete die Aufhebung damit, dass die Aufforderungen zur Meldepflicht bei der Klägerin unverhältnismäßig seien. Zudem stellte es fest, dass in diesem Fall das Krisen- und Konfliktmanagement versagte. Hier wären hinsichtlich der psychischen Behinderung der Frau statt dem Verhängen von mehreren Sanktionen besondere Betreuungsleistungen und Unterstützungsmaßnahmen geboten gewesen. Diese wurden jedoch nicht in der Entscheidung berücksichtigt.
Arten von Hartz IV-Sanktionen
Prinzipiell können zwei verschiedene Arten von Sanktionen unterschieden werden. Einerseits werden Sanktionen bei bestimmten Verletzungen von Verhaltenspflichten verhängt und andererseits existieren Sanktionen bei Verletzungen in den Melde- und Mitwirkungspflichten.
Sanktionen werden grundsätzlich dann verhängt, wenn der ALG II-Bezieher seinen Pflichten nicht nachkommt. Dann besteht nicht nur die Tatsache, dass er der entsprechenden Pflichtmaßnahme nicht nachkommt, sondern auch eine Wiedereingliederung in Arbeit ablehnt oder in unförderlicher Weise entgegensteht.
Zudem existieren Sonderfälle von Pflichtverstößen gemäß § 31 Abs. 2 SGB II, die mit den gleichen Sanktionen einhergehen wie bei den obigen zwei Arten von Pflichtverstößen.
Sanktionen bei Verletzung von Verhaltenspflichten
Arbeitslosengeld II-Empfänger sind verpflichtet jegliche Möglichkeiten zur Beendigung oder Reduzierung der Hilfebedürftigkeit wahrzunehmen. Zudem gehören die Durchführung von Maßnahmen zur Wiedereingliederung in Arbeit zu den Pflichten des Hartz IV-Empfängers. Sollte eine Verletzung dieser Pflichten stattfinden, so ist die Behörde befugt, dem Leistungsempfänger eine Sanktion in Höhe von 30 Prozent zu verhängen. Die Sanktion wird auf die Regelleistung angerechnet, so dass sich die Bezüge um 30 Prozent verringern.
Sanktionen können dann insbesondere verhängt werden, wenn der ALG II-Empfänger trotz der vorherigen Belehrung über die drohenden Konsequenzen keine Eingliederungsvereinbarung abschließt, nach Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung keine eigenen Bemühungen nachweisen kann, dass er Arbeit sucht, keine ihm zumutbare Tätigkeit, Ausbildung und Arbeitsbeschaffungsmaßnahme aufnehmen möchte und eine für ihn zumutbar erscheinende Bildungsmaßnahme abbricht, wofür kein wichtiger Grund vorliegt.
Sanktionen bei Verletzung von Meldepflichten
Wenn die Meldepflicht verletzt wird, können Sanktionen in Höhe von 10 Prozent auf die Regelleistung verhängt werden. Zu den Gründen für eine Verhängung von Sanktionen gehören unter anderem Versäumnisse bei Meldeterminen beim Leistungsträger und Versäumnisse von Terminen bei einer ärztlichen oder psychologischen Untersuchung.
Sollte der Leistungsempfänger mehrmals seine Melde- oder Mitwirkungspflicht verletzen, so können sich die Sanktionen erhöhen. Laut Gesetz sind Sanktionen bei fehlender Melde- oder Mitwirkungspflicht bei der ersten Pflichtverletzung von 10 Prozent vorgesehen, bei der zweiten Verletzung von 20 Prozent und ab der dritten Verletzung um weitere 10 Prozent der vorangegangenden Sanktion.
Gründe für keine Verhängung von Sanktionen
Dem Leistungsempfänger werden keine Sanktionen auferlegt, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der dazu führt, dass er seiner entsprechenden Pflicht nicht nachkommen kann. Zu den wichtigen Gründen gehören insbesondere bei einer Arbeitsaufnahme eine dann resultierende gefährdete Erziehung eines unter dreijährigen Kindes, eine Unvereinbarkeit bei einer Arbeitsaufnahme mit der Pflege eines Angehörigen und ein Vorliegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung, die dazu führt, dass der Leistungsempfänger keine Arbeit aufnehmen kann.
- Quelle: Sozialgericht Dresden, Gerichtsbescheid vom 16.05.2014 – S 12 AS 3729/13 u. a. –
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