Rechtsnews 16.05.2013 Manuela Frank

Sicherungsverwahrung für Kinderschänder

Sexualstraftaten gehören zu den häufigsten Straftaten in unserer Gesellschaft. Sehr häufig werden hierbei kleine Kinder missbraucht. Die meisten Täter kommen nach Absitzen ihrer Haftstrafe wieder auf freien Fuß und werden sogar rückfällig. Insbesondere aus diesem Grund ist es für viele kaum nachvollziehbar, warum Sexualstraftäter nach ihrer Haftentlassung nicht in Sicherungsverwahrung kommen. Auch in den beiden zugrundeliegenden Fällen geht es um dieses Thema.

Keine Anordnung der Sicherungsverwahrung

Im ersten Fall geht es um einen 64-jährigen, der zum einen wegen des Verstoßes gegen die Weisungen innerhalb der Führungaufsicht und andererseits des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern schuldig gemacht hat und deshalb zu einer Freiheitsstrafe von insgesamt vier Jahren und neun Monaten verurteilt wurde. Eine Sicherungsverwahrung hat das Landgericht nicht für nötig gehalten. Konkret ging es darum, dass der vielfach wegen sexuellem Missbrauch von KinderVorbestrafte am 25. Mai 2011 an einem See ein damals vier Jahre altes Mädchen zu einer Fahrt mit einem Schlauchboot einlud, was die Mutter gestattete. Als die beiden in der Mitte des Sees angekommen waren, holte der Angeklagte sein Geschlechtsteil hervor und forderte das Mädchen auf, sein erigiertes Glied zu umfassen sowie Auf- und Abbewegungen durchzuführen. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Angeklagte aufgrund seiner Vortaten unter Führungsaufsicht; ihm war es untersagt, innerhalb der nächsten fünf Jahre Orte aufzusuchen, an denen sich vermehrt Kinder aufhalten, besonders an Sport- und Spielplätzen, an Badeanstalten, auf Volksfesten und in Kindergärten bzw. Schulen im Umkreis von 50 Metern. Den Verzicht auf Sicherungsverwahrung begründete das Gericht damit, dass der Angeklagte zwar dazu tendiere, Sexualdelikte an Kindern durchzuführen, und dass man auch davon ausgehen könne, dass er dies zukünftig auch tut, allerdings bestehe eine hochgradige Gefahr lediglich “für weniger schwere, der verfahrensgegenständlichen Tat vergleichbare Sexualdelikte”. Die Gefahr schwerer sexueller Delikte sei beim Angeklagten jedoch deutlich niedriger ausgeprägt. Dies genüge nicht den vom Bundesverfassungsgericht bis zu diesem Zeitpunkt vorgeschriebenen Anforderungen.

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Urteil partiell aufgehoben

Der Bundesgerichtshof hat das Urteil nun teilweise aufgehoben. Wegen des “fehlerhaften Maßstabes, den das Landgericht der Beurteilung der Gefährlichkeit zugrunde gelegt hat”, konnte die Nichtanordnung der Sicherungsverwahrung der sachlich-rechtlichen Prüfung nicht standhalten. Das Urteil bezüglich des Schuld- und Strafausspruchs ist rechtskräftig. Was die Anordnung in der Sicherungsverwahrung betrifft, so muss das zuständige Gericht allerdings erneut eine Entscheidung fällen.

Schwerer sexueller Missbrauch von Kindern in mehreren Fällen

Im zweiten Fall ging es um einen 49-Jährigen, der in mehreren Fällen schweren sexuellen Missbrauch von Kindern begangen hat und zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt wurde. Weiterhin wurde er wegen sexuellen Missbrauchs und versuchtem schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in insgesamt sieben Fällen zu einer weiteren Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Zusätzlich musste er Schmerzens- und Schadensersatzgeld bezahlen. Im Frühsommer 2003 und in der Zeit vom 13. März 2007 und März 2010 missbrauchte er drei Mädchen sexuell. Dabei führte er in einem Fall seinen Finger in die Scheide ein, im anderen Fall kam es zum vaginalen Geschlechtsverkehr und zuletzt zwang er ein Opfer dazu, sein Gied in den Mund zu stecken und ihn oral zu befriedigen. Weiterhin versuchte er, mit seinem Penis in die Scheide des Mädchens, in einem weiteren Fall in den After des Mädchens einzudringen. Dies gelang ihm allerdings nicht, vermutlich aufgrund mangelnder Erektion wegen der anatomischen Besonderheiten bei den noch sehr jungen Mädchen. Hierfür wurde er zu Einzelstrafen zwischen zwei Jahren und drei Jahren neun Monaten verurteilt. Obwohl das Landgericht die formellen Voraussetzungen für die Verhängung der Unterbringung in einer Sicherungsverwahrung als erfüllt erachtet hat, wurde die Gefährlichkeit, die vom Angeklagten ausgeht, durch diverse Umstände relativiert.

Lückenhafte Gefährlichkeitsprognose und unzutreffender Maßstab

Auch in diesem Fall hat der Bundesgerichtshof das Urteil partiell aufgehoben, da die Gefährlichkeitsprognose, die das Landgericht zugrundegelegt hatte, lückenhaft war und auf einem falschen Maßstab beruhte. Im Schuld- und Strafausspruch ist das Urteil allerdings rechtskräftig. Es muss also noch über die Anordnung der Sicherungsverwahrung erneut entschieden werden.

  • Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 19. Februar 2013; AZ: 1 StR 465/12 und 1 StR 275/12

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