Im Fall einer Krankheit besteht hegen viele die Hoffnung, dass ein Arztbesuch die Probleme beseitigen oder zumindest lindern kann. Fast immer ist der Arzt auch in der Lage, diesem Wunsch nachzukommen und seinen Patienten zu helfen. Dennoch kann es leider auch vorkommen, dass eine Behandlung nicht wirkt oder durch einen Fehler im Nachhinein sogar noch stärkere Probleme auftreten. Der Arzt weist die Schuld von sich und den Betroffenen ist häufig nicht klar, wie sie vorgehen sollen. Sie sind unsicher, welche Pflichten der Arzt hat und in welchen Fällen er für die Fehlbehandlung verantwortlich ist.
Bei Unsicherheiten sollte in jedem Fall die zuständige Krankenkasse kontaktiert werden. Ebenso bietet der Gesetzgeber zahlreiche Informationen zu den genauen Konditionen eines Behandlungsvertrages. Die Pflichten des Arztes und des Patienten sind in den Konditionen zum Abschluss eines Behandlungsvertrags in § 630 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt. Diese sollen dem Schutz der Patienten dienen und legen die vertragstypischen Pflichten, die Informations- und Aufklärungspflicht, die Bedingungen für die Einwilligung, die Dokumentation der Behandlung und die Einsicht in die Patientenakten sowie die Verteilung der Beweislast fest. Im Allgemeinen gilt, dass ein Mediziner in vollem Maße straf- und schadensersatzfähig ist, wenn er gegen seine Pflichten im Behandlungsvertrag verstößt.
Kostenlose Ersteinschätzung zu
Wie soll man bei Behandlungsfehlern vorgehen? erhalten
Füllen Sie das nachfolgende Formular aus, wenn es sich um eine realistische Anfrage handelt können Sie damit rechnen, dass sich bald ein Anwalt bei Ihnen meldet.
Welche Pflichten hat ein Arzt?
Wird im Krankheitsfall ein Arzt aufgesucht, entsteht ein Arztvertrag dadurch, dass der Patient seine Probleme schildert und eine Diagnose erstellt wird. Für den Beginn der Behandlung wird kein schriftlicher Vertrag benötigt, es entsteht automatisch ein Dienstvertrag, der den Arzt nach § 611 BGB zur Leistung der versprochenen Dienste verpflichtet. Dabei sollte jedoch beachtet werden, dass zu dieser Leistung nicht die Heilung einer Krankheit, sondern nur das Bemühen um Selbige gehört. Ein anderer Fall liegt jedoch vor, wenn eine Schönheitsbehandlung vorgenommen werden soll. Da dabei der Erfolg der Behandlung essentiell ist, handelt es sich um einen Werkvertrag, bei dem dieser Aspekt zentral ist. Je nachdem, um welche Vertragsart es sich handelt, kann der Arzt wegen Nicht-Erfüllung seiner Pflichten belangt werden.
Das steht in engem Zusammenhang mit der Aufklärungspflicht des Arztes. Damit der Patient in der Lage ist, bei einer Behandlung positive und negative Folgen gegeneinander abzuwägen, muss ihn der Arzt über das Vorgehen und sämtliche Risiken aufklären. Treten die Risiken nur selten in Zusammenhang mit der Behandlung auf, muss der Patient nur aufgeklärt werden, wenn sie bei dem Eingriff typischerweise vorkommen. Zusätzlich muss der Arzt den Patienten schriftlich über anfallende Kosten informieren, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden. Die Informationspflicht wird aufgehoben, wenn die Einhaltung aufgrund der Umstände unmöglich ist, der Patient auf die Information verzichtet oder wenn die Behandlung unaufschiebbar ist. Auch ist die Aufklärung bei bereits durchgeführten Behandlungen oder bei bekannten Risiken wie der Infektionsgefahr bei Wunden nicht nötig, da man dieses beim Patienten voraussetzen kann.
Ebenso ist die Zustimmung des Patienten vor Beginn der Behandlung nötig. Ist er dazu nicht in der Lage, muss diese einer Patientenverfügung entnommen oder vom jeweiligen Berechtigten eingeholt werden, da sonst bei der Ausführung der Behandlung eine Körperverletzung vorliegt. Dabei sollte jedoch beachtet werden, dass die Einwilligung auch indirekt durch das Erscheinen zu einem Termin erfolgen kann. Zusätzlich ist der Arzt dazu verpflichtet, die gesamte Behandlung schriftlich festzuhalten. Dazu werden sämtliche Schritte in der Krankenakte dokumentiert. Nur so kann gewährleistet werden, dass bei einem Arztwechsel die Weiterbehandlung möglich ist. Zusätzlich dient die Krankenakte im Fall eines Behandlungsfehlers als Beweismittel. Wurde sie vom Arzt nur in mangelhafter Weise geführt, trifft ihn die Beweislast, so dass er dafür verantwortlich ist, zu zeigen, dass die Behandlung korrekt war. Der Patient kann jederzeit eine Einsicht in seine vollständige Krankenakte verlangen.
Eine weitere zentrale Pflicht des Arztes ist die Schweigepflicht. Diese besagt, dass keine Informationen zur Behandlung des Patienten weitergegeben werden dürfen. Verstößt der Arzt gegen die Schweigepflicht, muss er Schadensersatz leisten. Ausnahmen liegen vor, wenn der Patient den Mediziner ausdrücklich von der Schweigepflicht entbindet, eine mutmaßliche Einwilligung oder eine Auskunftspflicht gegenüber der Krankenkasse vorliegt, eine Krankheit dem Infektionsschutzgesetz unterliegt, es sich um einen Notstand handelt oder eine Straftat geplant ist.
Zusätzlich ist der Arzt auch für die Fehler seiner Untergebenen verantwortlich. Das ist etwa der Fall, wenn der Behandlungsfehler durch eine Krankenschwester oder einen -pfleger, eine Hebamme, eine Arzthelferin oder einen Arzthelfer verursacht wurde. Bei einer unerlaubten Handlung muss der Arzt nachweisen, dass er das Personal sorgfältig ausgewählt und beaufsichtigt hat. Auch im Hinblick auf die Hygiene sind der Arzt oder das Krankenhaus für die Einhaltung der Richtlinien verantwortlich. Bei einer Infektion muss der Beweis erbracht werden, dass die Hygieneempfehlungen eingehalten wurden.
Was für Behandlungsfehler können beim Arzt oder im Krankenhaus auftreten?
Bei einer Behandlung können zahlreiche Fehler auftreten. Ein Behandlungsfehler liegt vor, wenn das Vorgehen des Arztes zu einem gesundheitlichen Schaden in physischer oder psychischer Form geführt hat. Dabei ist entscheidend, ob der Schaden auch aufgetreten wäre, wenn der Arzt keinen Fehler gemacht hätte. Ist das der Fall, ist der Mediziner nicht verantwortlich.
Behandlungsfehler lassen sich in den meisten Fällen auf eine mangelnde Fachkenntnis des Arztes, eine fehlende Aufklärung oder einen Dokumentationsfehler zurückführen. Ein Fehler liegt ebenso vor, wenn die Behandlung nicht den allgemeinen medizinischen Standards entsprochen hat. Dabei sollte beachtet werden, dass sowohl die Ausführung als auch das Unterlassen einer Behandlung zu einem Behandlungsfehler führen kann. Ebenso kann der Arzt auch für ein Brechen der Schweigepflicht belangt werden.
Ein Behandlungsfehler kann auch auftreten, wenn der Arzt nicht über den nötigen Kenntnisstand verfügt, um eine Behandlung korrekt durchzuführen. Das ist besonders kritisch, wenn der Mediziner überhaupt erst aufgrund seiner fachlichen Kompetenz aufgesucht wurde, diese aber nicht erbringen kann. Dennoch haftet der Arzt nicht, wenn er nicht über das medizinische Wissen verfügen kann, etwa, weil er nicht in dem benötigten Fachgebiet tätig ist. Außerdem kann der Arzt belangt werden, wenn er seine Kenntnisse nicht vollständig zur Heilung des Patienten einsetzt und ihn nicht über alle Möglichkeiten informiert. In einem solchen Fall kann der Patient Schadensersatz verlangen. Nicht zu den Behandlungsfehlern gehören hingegen unerwünschte Folgen und Nebenwirkungen, die im Rahmen einer korrekten Behandlung aufgetreten sind und über die der Patient im Vorfeld informiert wurde. Aus diesem Grund wurde auch die Klage einer Frau abgewiesen, die nach einer im Krankenhaus durchgeführten Sterilisation schwanger wurde. Da sie über die Versagerquote informiert worden war, traf das Oberlandesgericht in Hamm eine für sie negative Entscheidung.
Welche Pflichten hat ein Patient?
Nicht alle Behandlungsfehler sind jedoch mit den Pflichten des Arztes in Zusammenhang zu bringen. Auch Patienten können eine Mitschuld an einer missglückten Behandlung tragen, wenn sie zuvor über die vorhandenen Risiken aufgeklärt wurden und die Behandlung dennoch durchführen wollen, vorzeitig abbrechen oder nicht zu einer Nachbehandlung erscheinen. S
o auch im Fall einer Frau die auf Anraten ihres Arztes nach der Untersuchung eines Knotens in ihrer Brust nicht zur empfohlenen Nachuntersuchung erschien, sodass der Tumor nicht frühzeitig erkannt werden konnte. Das Oberlandesgericht in Koblenz entschied, dass der Arzt dabei nicht die Verantwortung für den Behandlungsfehler trage. Auf der anderen Seite ist der Patient nicht für Behandlungsfehler verantwortlich, die entstanden sind, weil er Eingriffe, die mit großen Risiken verbunden sind, sowie Therapien mit einer geringen Heilungschance abgelehnt hat. Er muss sich nur Behandlungen unterziehen, die keine zu große Gefahr für ihn darstellen.
Der Patient ist auch dafür verantwortlich, dass der Arzt alle wichtigen Informationen über die Krankheit und vorherige Leiden erhält, um eine angemessene Form der Therapie auswählen zu können. Ihm muss somit der Zugang zu benötigten Unterlagen wie etwa der Krankenakte ermöglicht werden. Zusätzlich muss der Patient für die Finanzierung der Behandlung aufkommen, sei es durch die Mitgliedschaft in einer Krankenkasse oder die Zahlung von zusätzlich Behandlungen. Das ist jedoch nur der Fall, wenn Arzt ihn über die Kosten aufgeklärt hat oder diese aus dem Kontext zu erschließen sind.
Wie soll man bei einem Behandlungsfehler vorgehen?
Behandlungsfehler können zahlreiche Folgen haben. Dazu können neben körperlichen Beschwerden auch psychische Folgen, Spätfolgen oder im schlimmsten Fall der Tod gehören. Liegt ein Behandlungsfehler vor, ist es ratsam, sich an seine Krankenkasse und den zuständigen Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) zu wenden. Bei einem begründeten Verdacht wird eine Untersuchung von einem Arzt des MDK erstellt, der abwägt, ob der Fehler durch eine vorherige Behandlung entstanden ist. Ist dies der Fall, wird ein Gutachten erstellt. Dieses bildet die Grundlage für die Kommunikation mit dem Arzt. Je nach dessen Kooperationsbereitschaft können entweder eine außergerichtliche oder eine gerichtliche Klärung nötig sein.
In Zusammenhang mit Behandlungsfehlern ergibt sich meist das Problem, dass kein direkter Kontakt mit dem Arzt möglich ist, sondern nur über dessen Versicherung kommuniziert wird. Das kann besonders kritisch sein, wenn sich der Geschädigte eine persönliche Erklärung oder Entschuldigung erhofft. Die meisten Versicherungen streben in diesem Zusammenhang einen gerichtlichen Prozess an, wenn die Wahrscheinlichkeit, dass der Patient das Verfahren verliert, relativ hoch ist. Außergerichtliche Einigungen sind erheblich seltener. In jedem Fall ist es in diesem Stadium ratsam, einen erfahrenen Rechtsanwalt für Arzthaftungsrecht einzuschalten, der die Interessen des Geschädigten vertritt.
Kommt es tatsächlich zu einem Verfahren, liegt die Beweispflicht sowohl bei dem Arzt als auch dem Patienten, wenn der gesundheitliche Schaden aus einem Behandlungsfehler resultiert. Dabei ist der Patient aufgrund seiner geringen fachlichen Kenntnisse jedoch nur verpflichtet, seinen Verdacht aufzuzeigen. Wird ein weiterer Beweis benötigt, bietet das Gutachten der MDK für den Patientennachweis meist eine ausreichende Grundlage. Ausnahmen von der Beweispflicht liegen vor, wenn das Verschulden des Arztes nicht, wie etwa bei einer Operationswunde, naheliegend ist oder der Mediziner seine Dokumentationspflicht vernachlässigt hat. Bei einem groben Behandlungsfehler wie etwa einer nicht durchgeführten Therapie wird die Beweislast auf den Arzt übertragen. Er muss in diesem Fall beweisen, dass sein Handeln nicht der Auslöser für die angeblich aus dem Arztfehler resultierenden Schäden war.
Kann der Behandlungsfehler nachgewiesen werden, muss der Arzt in den meisten Fällen Schadenersatz oder Schmerzensgeld leisten. Dabei werden im Rahmen des Schadenersatzes die Kosten für vom Patienten bezahlten Medikamente oder Heilbehandlungen und eventuelle Verdienstausfälle berücksichtigt. Wenn der Behandlungsfehler als Ursache für den Tod des Patienten erkennbar ist, werden nur die zuvor erlittenen Schmerzen bei der Höhe des Schmerzensgeldes berücksichtigt. In den anderen Fällen hängt die Höhe des Schmerzensgeldes vom Grad des angerichteten Schadens ab. Es kann, wie in einem vor dem Oberlandesgericht in Hamm behandelten Fehler bei der Geburt, der zu schweren Hirnschäden führte, bis zu 500.000 Euro betragen.
Zusätzlich sollte die gültige Verjährungsfrist beachtet werden. Diese beträgt drei Jahre und beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Das ist der Fall, wenn der Patient Kenntnis von dem Fehler erlangt hat. Danach sind eventuelle Ansprüche auf eine Entschädigung verwirkt.
Alles in allem ist es im Fall eines Behandlungsfehlers ratsam, sich an seine Versicherung zu wenden und dort eventuelle Ansprüche abzuklären. Außerdem sollte ein fachkundiger Rechtsanwalt für Arzthaftungsrecht eingeschaltet werden, der die Kommunikation mit der Versicherung des Arztes übernimmt und so dafür sorgt, dass eventuelle Schadenersatzansprüche durchgesetzt werden.
Quellen:
- http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/BJNR001950896.html#BJNR001950896BJNG026900377
- http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__611.html
- OLG Hamm, Urteil vom 21. Mai 2003 – 3 U 122/02
- OLG Koblenz, Urteil vom 24.06.2010 – 5 U 186/10
- OLG Hamm, Urteil vom 17.06.2014 – 26 U 112/13
Diese Artikel könnten Sie auch interessieren:
Schadensersatz nach Behandlungsfehler
Grober Behandlungsfehler wegen unterlassener Schnittentbindung